Ja, wir haben jetzt auch eine! Wer „fleißig“ unsere Blogbeiträge liest, wird sich vielleicht verwundert die Augen reiben: Was soll das denn? Da haben die in der Anekdote „Kleine Klokunde“ doch klar gesagt, dass sie den Hype mit den Trenntoiletten als übertrieben empfinden und noch nicht für ausgereift halten und nun das? Bitte erklären! Tun wir hiermit:
Die Skepsis ist immer noch da – sogar jetzt, wo das Ding im Waschraum steht und immerhin schon vier Tage benutzt wurde. Mehr ist es bisher leider nicht und es wird wohl auch dank „Corona“ noch geraume Zeit dauern, bis wir über unsere persönliche „Testreihe“ berichten können. Aber wir haben während der letzten längeren Touren doch beide unabhängig voneinander immer wieder überlegt, wie man die Dauerprobleme „Kloentsorgung“ und „Entleerungsintervalle“ aus der Welt schaffen oder zumindest minimieren kann. Kein großes Problem, wenn man regelmäßig Stell- und Campingplätze nutzt und während der Saison unterwegs ist. Das aber genau ist bei uns nicht der Fall:
- Wir fahren hauptsächlich außerhalb der Saison
- Wir nutzen nur selten Stell- und Campingplätze
- Wir sind auch in Ländern unterwegs, die überhaupt keine Infrastruktur für Reisemobile besitzen
Zwar haben wir zwei Cassetten à 20 l Fäkalinhalt, aber bereits in Albanien, spätestens in Georgien gab es keine Entsorgungsmöglichkeiten mehr. Mit viel Kreativität haben wir immer wieder eine Lösung gefunden, aber als wir erkennen mussten, dass es auch in Westeuropa außerhalb der Saison schwierig ist, seinen Kloinhalt los zu werden – besonders, wenn man in fast tourismusfreien Gebirgsregionen und in Landschafts-/Naturschutzgebieten unterwegs ist und dort auch mal länger als eine Woche frei stehen will – waren wir uns einig: Da muss sich was ändern, nur was und wie?
Also haben wir uns im Internet schlau gemacht und dabei erfahren, dass TTTs nicht nur sehr unterschiedlich konstruiert werden, sondern auch zwei grundsätzlich verschiedene Funktionsweisen aufweisen:
Unterscheidung nach Funktion: Das zweite „T“ macht es bereits deutlich – die festen und flüssigen Hinterlassenschaften werden bei allen Toiletten getrennt. Das Flüssige landet hierbei in einem Tank, der entweder herausnehm- und tragbar oder aber über ein Leitungssystem mit der Toilette verbunden ist und so auch weiter entfernt, meist unterflur montiert werden kann. Im ersten Fall muss der Tank klein sein, damit man ihn auch tragen und transportieren kann, im zweiten Fall hängt die Größe lediglich vom zur Verfügung stehenden Platz ab – äh, und natürlich auch von der „Geruchstoleranz“ der Nutzer, denn egal, was begeisterte „TTT-Fans“ berichten: Urin beginnt bereits nach einem Tag unangenehm zu riechen und der „Duft“ steigert sich täglich und schnell! Die Entsorgung erfolgt entweder an den üblichen Stationen oder über an die Kanalisation angeschlossene Gullys. Tragbare Tanks sind da natürlich flexibler, denn sie können auch problemlos in jede Toilette entleert werden. Problematischer wird das oft propagierte Entsorgen in der freien Natur. Mindestens sechs Liter konzentrierten Urin mag keine Pflanze! Aber wenn man täglich entleert und vorher mit Wasser verdünnt, dann funktioniert auch das – ganz wasserfrei geht es also nicht, wenn man umweltbewusst in der freien Natur steht! Interessanter ist jedoch das, was mit den festen Bestandteilen geschieht: Bei normalen Trenntoiletten wird ein möglichst kompostierbarer Plastiksack in einen Sammelbehälter gehängt, aufsaugendes Material wird als Schicht am Boden und nach jedem „Geschäft“ eingestreut, sorgt so für ein schnelles Trocknen der Fäkalien und verhindert recht gut entstehende Gerüche. Ist der Beutel voll, kann er (ordentlich verschlossen) im Hausmüll entsorgt werden. Anders bei den sogenannten Komposttoiletten: Hier wird auf den Beutel verzichtet und zwar aus gutem Grund, denn in dem Sammelbehälter befindet sich ein Rührwerk, dass (natürlich von außen) mit einer Kurbel bedient wird. Eine feste Menge an kompostierfähigem Material, meist um 18 l herum, wird in den Behälter gefüllt. Nach jedem „Geschäft“ wird ein wenig gekurbelt und zügig setzt der Kompostiervorgang ein. Die hierfür benötigten Mikroorganismen bilden sich schnell, können aber auch als Beschleuniger zugegeben werden. Muss geleert werden, so kann der Inhalt wie regulärer Kompost im eigenen Garten genutzt werden, natürlich nur für Zierpflanzen und nicht im Gemüsebeet! Ist kein Garten in Sicht, so füllt man den Kompost in eine Tüte um und kann dann den Inhalt wie bei einfachen TTT im Hausmüll entsorgen. Gründlich reinigen muss man den Behälter nicht, denn die Reste dienen der neuen Einstreu sozusagen als „Starterkultur“. Apropos Einstreu: Da findet man im Internet als Tipp fast alles, was sich irgendwie streuen lässt! Also von Katzen- über Hamster- zu Kokosstreu, Holzspäne oder –mehl, Torf (nicht gut wegen der Vernichtung der Moorflächen!), sogar Papierschnitzel werden erwähnt. Allgemein wohl durchgesetzt hat sich die Kokosstreu, die es als komprimierte Kokosziegel im Pflanzen- oder Baumarkt, häufig sogar im Supermarkt gibt. Diese Ziegel sind handlich und somit leicht zu lagern. Benötigt man sie, übergießt man sie mit 1 ½ l Wasser und die Fasern quellen zu den benötigten 18 bis 20 l Material auf.
Unterscheidung nach Konstruktion: Grundsätzlich kann man hier trennen zwischen Fertigtoiletten und Selbstbau. Bei den Fertigtoiletten gibt es hauptsächlich drei Marken, die den Markt für Komposttoiletten bedienen: Nature’s Head, AirHead und C-Head. Wegen der Mechanik („Kompost kurbeln“) ist es, wer auf dieses System setzt, wohl auch sinnvoll, sich ein bewährtes und erprobtes Modell zuzulegen (wir kommen gleich noch darauf zurück, nach welchen Kriterien wir unsere Toilette ausgesucht haben). Bei den normalen Trenntoiletten ist die Bandbreite bedeutend größer. Es gibt fertige Toiletten wie z.B. die Separett 500, dann Bausätze oder für Selbstbauer lediglich die Toilettenschüssel mit dem wichtigen Trenneinsatz – bedient wird dieser Bereich von vielen kleinen, manchmal auch sehr kreativen Firmen. Schließlich sind da noch die vielen Komplettselbstbauer, deren Bauvideos man bei Youtube findet – einer hat sogar seine ganz normale Thedford Banktoilette umgebaut! Überhaupt findet man dort eine Reihe von Einbau- oder Empfehlungsvideos, die die Entscheidung leichter machen sollen.
Wie haben wir nun unsere Entscheidung getroffen? Ganz zuletzt war das ganz einfach, doch bis dahin gab es doch einiges zu klären:
- Wollen wir eine normale TTT oder einen „Komposter“? Dazu haben wir uns gründlich im Internet informiert und waren schon fast bei einer normalen TTT gelandet, da man die gut selbst bauen kann (was wichtig ist, wenn man einen so kompakten Waschraum hat wie wir!), preiswert und in der Konstruktion bestechend simpel ist. Dann jedoch fanden wir eine Reihe kritischer Berichte, die von den Problemen in warmen und feuchten Regionen sprachen: Befall mit Insekten, Maden und Larven im Feststoffbehälter und immer wieder Fruchtfliegenalarm! Die Lösung: Ein geschlossenes System, wie es eigentlich konsequent nur die Komposter bieten, außerdem sind sie noch einen Tick umweltfreundlicher, da wir bei fast allen Touren bis zu zwei Wochen (Entleerungsintervall!) den Feststofftank direkt zu unserem Kompost zu Hause geben können (wir haben keine Nutzpflanzen, daher ist das möglich) und keine Plastiktüten benötigen.
- Welchen Komposter nehmen wir? Am häufigsten findet man in Deutschland die „Nature‘s Head“ von Tomtur. Dann – ziemlich ähnlich aufgebaut – ist da noch die „AirHead“ und – mit senkrecht aufsteckbarer Kurbel – die C-Head, die eigentlich sehr praktisch und nachhaltig die in den USA üblichen „One Gallon“ Milchbehälter für den Urintank nutzt. Leider haben wir die hier in Europa nicht, also fällt die schon einmal weg. Gründliches Vermessen unseres Sanitärraumes liefert das eindeutige Ergebnis, dass wir auch die „Nature’s Head“ zu den Akten legen können, da sie für unser Bad einfach zu groß ist. Außerdem hat sie noch den Nachteil, dass ihr Urintank in einer Art Bodenhülse steckt. Bei separater Dusche kein Problem, bei uns würde der aber bei jeder Duschnutzung unweigerlich volllaufen. Also schauen wir uns die „AirHead“ genauer an: Es gibt sie mit großer „elongierter“ Kloschüssel, die ist oval und für uns Männer gut geeignet – ihr wisst, was ich meine! Dann ist sie aber auch entsprechend kompakter mit einer runden Schüssel erhältlich. Man kann dann noch wählen zwischen großem (6,8 l) oder kleinem (3,7 l) Urintank, außerdem noch mit hinten angeschrägtem (interessant für Yachtis) oder geradem Feststofftank. Das alles ist untereinander beliebig kombinierbar! Die kompakte Bauform passt bei uns gerade noch rein. Die wichtigsten „Gimmicks“, die bei keinem anderen System vorhanden sind und uns endgültig überzeugen: Der Feststofftank ist mit einer dicht und per Hebel (!) schließenden Klappe versehen. Ist diese Klappe verschlossen (z.B. beim „kleinen Geschäft“), so läuft versehentlich auf der Klappe landender Urin automatisch schräg nach vorne und somit in den Urintank ab. Für den Transport gibt es einen fest aufschraubbaren und mit Dichtung versehenen Deckel, den man auch zwischen zwei Touren nutzen kann. Der Kompostierprozess wird damit unterbrochen und der Feststofftank muss z.B. zwischen zwei Wochenendtouren nicht geleert werden. Auch der Klodeckel ist mit einer wirklich dicht schließenden Gummidichtung versehen.
Es gibt im Gegensatz zur „Nature’s Head“ eine richtige, stabile und anhebbare Klobrille und auch der Ventilator ist um einiges stärker ausgelegt. Außerdem kann man diesen so einbauen, dass der oft vorhandene SOG-Entlüftungsfilter weiter genutzt werden kann – lediglich die Öffnung in der Serviceklappe muss vergrößert werden, da der AirHead-Ventilator um einiges größer und stärker und dabei leiser als der von SOG ist.
Okay, also bestellen wir – und zwar mit einem zweiten Urintank (sicher ist sicher). Der einzige Nachteil hierbei: Das geht nur gegen Vorkasse! Keine Ahnung, weshalb nicht wenigstens PayPal angeboten wird! Wir riskieren es, einige Nachfragen zwecks Klärung von Detailfragen werden schnell und kompetent beantwortet und gut eine Woche später steht die unseres Wissens teuerste Komposttoilette bei uns zu Hause und wartet auf den Einbau.
Zuerst einmal: Alle Teile wirken hochwertig, sind vollständig (inklusive Kokosbrikett und Einlagen für die Kloschüssel, wer das braucht), passgenau und mit einer speziellen, deutschen Gebrauchsanweisung versehen. Wir haben uns noch aus dem Internet die amerikanische Version runtergeladen – ein, zwei Tipps sind da noch drin, die in der deutschen Anleitung fehlen. Es geht aber auch gut ohne. Originell: Die Einlagen, die bei Benutzung eine Verschmutzung der Schüssel verhindern sollen, kennen wir aus den USA! Das sind eigentlich Papierfilter für dort oft verwendete, einfache Großkaffeemaschinen. Wir hatten welche davon fürs Lehrerzimmer und für Partys.
Die Montage ist an sich einfach und kinderleicht: Je zwei Metallwinkel für den Feststoff- und den Urintank, die einfach auf den Boden geschraubt werden. Seitlich links oder rechts wird der Entlüftungsschlauch angesetzt (es gibt auch Adapter für oben oder unten), der Lüfter wird entweder an eine Öffnung in Wand, Boden oder Decke geschraubt, mit dem Schlauch verbunden und fertig. Nur für den „äußeren Abschluss“ muss man selbst sorgen – also Lüftungs- oder Bodengitter oder „Schornstein“. Im Bad ist es eng, ich bin im Moment „schultermäßig“ etwas gehandicapt und meine Kathrin braucht während der Coronasperre sowieso etwas zu tun und ist „heiß auf Umbau“, also macht sie sich an die Arbeit. Tja, aber der Teufel steckt nun einmal bekanntlich im Detail:
Der Ausbau der Cassettentoilette geht relativ einfach und schnell vonstatten, denn dafür gibt es wunderbare Filmchen bei Youtube. Dort wird auch sehr hilfreich beschrieben, wie man den Wasseranschluss (wenn die Spülung über den Bordtank erfolgte!) abbekommt, ohne das ganze Bad unter Wasser zu setzen. Aber dann taten sich bei uns zwei Probleme auf: 1. Es klaffte eine große Öffnung im Badmöbel. Dort musste vorher die Toilettencassette hindurch passen. Kathrin findet im Werkstattlager eine passende Holzplatte. Mit Stichsäge, Schmirgelpapier, dem richtigen „Bimobilbadbogenmaß für Klappen und Türen“, dem korrekten Farbton beim Lack und reichlich Silikonkleber ist einen Tag später diese Lücke sehr ansehnlich beseitigt und wir haben dahinter jetzt einen kleinen Extraaußenstauraum, der durch die alte Serviceklappe erreichbar ist.
2. Das Cassettenklo stand neben der Duschtasse erhöht auf einem kleinen Podest. Die Ausmaße dieses Podestes reichen aber nicht für die AirHead – der Urintank hängt in der Luft knapp acht Zentimeter über der Duschtasse. Also wird eine neue Basis fällig. Wir entscheiden uns für eine durchsichtige und ausreichend dicke Plexiglasplatte, die von Kathrin genau nach den Grundmaßen der Toilette zugeschnitten wird. Diese Bodenplatte wird mit Silikonkleber auf das Podest geklebt und darauf wiederum die Winkel für Fest- und Urintank montiert. Nun ragt der Urintank zwar rund 10 cm in die Duschtasse hinein, das verursacht aber keine Probleme.
Der Rest ist relativ problemlos und zügig erledigt: Eine große Bohrung in der neuen Holzplatte ermöglicht die Verlegung des Abluftschlauches zur Serviceklappe.
Dort wird die Öffnung für den neuen Ventilator passend vergrößert, dann wird montiert. Da der Abluftschlauch nicht sehr flexibel ist, muss ein biegsamer und flexibler Abwasserschlauch aus dem Baumarkt helfen.
Dann braucht der Ventilator noch Strom. Den bekommt er auch – dabei muss man bedenken, dass man normalerweise nicht den elektrischen Anschluss der Cassettentoilette nutzen kann, da der typischerweise mit der Wasserpumpe gekoppelt ist. Er soll aber eigentlich immer laufen, also sucht man sich einen Anschluss mit Dauerstrom. Wir verpassen dem trotzdem noch einen Schalter – kann ja sein, dass wir Exe auch einmal ohne Klonutzung fahren wollen, trotzdem aber den Bordstrom brauchen.
Fertig!
Nun sollte das neue Klo ausgiebig in Italien getestet werden, aber wie alle wissen, kam „Corona“. Wie anfangs beschrieben, haben wir das Klo bisher lediglich vier Tage lang genutzt. Da überall bestätigt wurde, dass man den Inhalt erst leeren muss, wenn der Tank voll ist und wir als Optimisten ständig hoffen, dass es wieder los geht, können wir zumindest das bestätigen: Urintank muss natürlich gereinigt werden, bei Nichtnutzung bekommt der ein paar Sprühstöße aus der Flasche mit Zitrusreiniger, den wir auch ab und zu für die Kloschüssel nutzen. Den Inhalt des Feststofftanks haben wir so gelassen, wie er war. Nach ein paar Tagen und bis heute können wir trotz verschlossenem Mobil keine Geruchsbelästigung feststellen. Es bildet sich auf der Oberfläche ein feines Pilzgeflecht (die Biologie funktioniert also!). Wenn einer von uns im Auto nach dem Rechten schaut, dann dreht er ein paarmal an der Kurbel – das war’s und läuft nun schon bereits seit zwei Monaten so.