Stellplatzpolitik?

Nennen wir es einmal so. Tatsache ist, dass nicht erst seit Corona die Anzahl der Reise- und Wohnmobile sowie der sogenannten „Vans“ (der Name allein stimmt schon vorne und hinten nicht), zu denen sich gerne Kastenwagen, alle möglichen Bulli-Ausbauten sowie die „Micro-Camper“ zählen, fast dramatisch zunimmt. Das führt zwangsläufig zu den folgenden Problemen:

  1. Die pure Anzahl der offiziellen Stellplätze, egal welcher Art, inklusive Campingplätze, kann da nicht mithalten.
  2. Die Ansprüche steigen, die einfache Ausweisung von Parkflächen reicht vielen Besitzern (von überwiegend mit autarken Systemen ausgestatteten Mobilen!) nicht mehr aus. WCs, Duschen und wenn möglich auch Waschmaschinen – von der angeblichen unabdingbaren Notwendigkeit einer Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser will ich gar nicht erst reden! – müssen schon sein.
  3. Unter den häufig jüngeren „Vanern, Vannern, Vanlifern…“ ist es en vogue, wenn nicht sogar unbedingt notwendig, absolut frei, also „wild“ zu campen und das versucht man auch durchzusetzen, auch wenn es in dieser Gruppe fast verpönt ist, ein Klo oder einen Waschraum an Bord zu haben.
  4. Die Autos werden immer größer oder wenn nicht, dann brauchen sie einen Anhänger (manchmal ist auch beides nötig?), benötigen also auch mehr und mehr Platz.

Wie reagiert nun die Öffentlichkeit bzw. die Politik auf diese Probleme? Wir wohnen in einem absoluten Urlaubsland – Schleswig-Holstein – und so macht man das dann hier:

Man versucht, die Zahl der Stellplätze (auch wegen der Coronafolgen) vorübergehend zu erhöhen, indem man (auf Antrag) an Campingplätze oder Stellplätze angrenzende Flächen zu Übernachtungen freigibt. Das ist leider nicht sehr erfolgreich, denn oft genug gibt es keine geeigneten Flächen in der direkten Nachbarschaft. Eine schnelle Einrichtung zusätzlicher Stellplätze ist aus den in Punkt 2 genannten Gründen nicht möglich. Keine Ahnung, was bei diesen „modernen“ Stellplätzen noch den Unterschied zu einem stinknormalen Campingplatz ausmacht, aber es ist klar, dass Kommunen so etwas nicht mal so eben aus dem Boden stampfen können!

Also kommen zu den überzeugten Wildcampern wie z.B. in Punkt 3 noch die unfreiwilligen „Übernachtungssuchenden“ hinzu: Aus Not oder nicht – es wird auf Biegen und Brechen irgendwo frei gestanden. Hier prallen (häufig von beiden Seiten, also von der Politik einerseits und den Mobilbesitzern andererseits) Igno- wie Arroganz aufeinander!

Die Fehler, Dummheiten und Sünden der Mobilfahrer kennen wir, ehrlich zugegeben, fast alle: Fehlende Sensibilität bei der Wahl des Platzes (mitten im Naturschutzgebiet, parken trotz deutlichem Verbotsschild, vielleicht sogar die Aussicht der Anwohner versperren, mehrere Plätze belegen usw.), Campingverhalten zeigen (ausgefahrene Markise, Tisch und Stühle vorm Auto, vielleicht sogar noch den Grill aufbauen), Abwasser und – noch schlimmer! – Klo entsorgen…ach was Klo! Man denke an die vielen Vanlifer, die begeistert vom freien Leben in der Natur schwärmen und auch noch stolz bei Youtube bewerben, dass sie mit dem Spaten in die Botanik marschieren. In der wirklich freien Wildbahn (wo haben wir die noch in Europa?) mag das ja noch okay sein, aber wer schon einmal die an einen beliebten Wildcamperplatz angrenzende Natur „betreten“ hat, weiß, was ich meine! Inzwischen gibt es sogar unter den Vanlifern Aufrufe, ein selbst ausgebauter Camper sollte nur dann als Wohnmobil zugelassen werden dürfen, wenn Klo und Abwassertank vorhanden sind.

Man könnte noch einiges mehr anführen, aber viel wichtiger sind hier die Reaktionen der Politik und der, ich nenne sie einmal „Nichtmobiler“, denn sie sind es ja oft, die -gerechtfertigt oder nicht, aus Neid oder nicht – Reaktionen der offiziellen Stellen fordern oder selbst tätig werden und/oder fleißig denunzieren. Ich bleibe diesbezüglich einmal in Schleswig-Holstein, denn unser Bundesland ist in der Beziehung schon besonders einfallsreich!

Bereits vor langer Zeit (und das wissen viele nicht!) hat Schleswig-Holstein mehr oder weniger das ganze Land zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Das bedeutet, dass jede Übernachtung außerhalb von Camping- oder offiziellen Stellplätzen grundsätzlich schon einmal nicht erlaubt ist. Dass damals die Lobby der Campingplatzbetreiber an dieser Maßnahme nicht ganz unbeteiligt war, ist nicht zu beweisen und vielleicht auch ein Gerücht. Weiter im Text: Das bedeutet (und danach wird auch, besonders an den Küsten, verfahren!), dass sich kein Mobilfahrer grundsätzlich auf das Recht der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit berufen kann. Das kann er eigentlich nur, indem er direkt neben der Autobahn oder an wichtigen Fern- oder Bundesstraßen parkt. Ausreden gelten nicht. Wer also z.B. durch einige „Einlaufbiere“ Fahruntüchtigkeit herstellt, dem wird sogar noch Vorsatz unterstellt und das kostet extra! Nun aber kommt es richtig „dicke“: Jede/r von euch weiß, dass es für einfache Stellplätze bisher ein eindeutiges Verkehrszeichen gab – das P-Schild mit dem Zusatzschild für Wohnmobile. Darauf konnte man sich bisher stets verlassen. Hier war man willkommen. Der Kreis Plön hat nun ein neues Fass aufgemacht! Dort (und wahrscheinlich bald auch anderswo) ist man der Meinung, dass diese Schilderkombination nur bedeutet, dass man sein Mobil hier parken darf. Jede weitere Nutzung des Fahrzeugs (also darin sitzen, kochen, schlafen) ist eine Sondernutzung, die über das regelkonforme Parken hinaus geht und ist somit verboten! Böse Falle, denn man kommt auf den Platz, sieht das Zeichen, geht an den Parkscheinautomat, der auch brav ein 24 h – Ticket speziell für Mobile mit den entsprechenden Preisen (in Heidkate sind das z.B. stolze 20 €) bereit hält, man legt wie immer das Ticket hinter die Windschutzscheibe und wird nachts aus dem Bett geholt: Bußgeld zwischen 80 und 150 € wegen verbotener Sondernutzung!

Und wir dachten bisher, die Aufforderung des Verbandes der Campingplatzbetreiber an seine Mitglieder, während der Corona-Einschränkungen frei stehende Mobile zu fotografieren und mit Angabe der Herkunft, der Anzahl der Bewohner etc. rückzumelden, sei der Gipfel falsch verstandener Lobbyarbeit.

Apropos Denunzierung! Was uns passiert ist: Wir waren nahe unserer Heimatstadt in einem Dorf zum Essen (coronakonform draußen!) bei einem guten Inder. Hinter seinem Restaurant gibt (gab?) es einen kleinen, privaten Stellplatz für vier bis sechs Autos. Wir zahlten unseren Obolus beim Platzwart und wähnten uns sicher. Am nächsten Morgen klopften zwei Personen an die Tür. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes und – jetzt kommt’s! – eine weitere Mitarbeiterin, die laut eigener Aussage für die Belange der Campingplatzbetreiber zuständig ist. Diese beiden Gestalten wollten uns ein Bußgeld von 150 € schenken, da wir gegen die Coronamaßnahmen verstoßen hätten. Wir standen alleine, waren abends zum Essen im Restaurant, hinter dem der private (!) und kaum einsehbare Stellplatz liegt und nur 14 Kilometer von zu Hause weg. Erst nach längerer Diskussion und dem Hinweis auf das bei uns in Schleswig-Holstein durchaus übliche „Wohnmobil-Dinner“ gaben die beiden „Profis“ nach, meinten etwas von „Grauzone“ und ließen uns, nachdem wir versprechen mussten, innerhalb von 15 Minuten den Platz zu verlassen, ohne Bußgeld fahren. Auf unsere zwischendurch gestellte Frage, wie sie denn darauf gekommen seien, ausgerechnet hier, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, auf die Pirsch zu gehen, kam die Antwort, es hätte mehrere telefonische Beschwerden gegeben. Gute Nacht, Deutschland!