„Scan“ steht hier nicht für „Skandal“, obwohl…? Als es um die Planung unserer Langzeittour geht, ist eines unserer Probleme: Was machen wir mit der Post? Wir sind allein, haben beide praktisch keine Familie mehr und Nachbarn oder Freunde acht Monate lang unsere Post verwalten, also sammeln, öffnen, auf Wichtigkeit prüfen und gegebenenfalls scannen zu lassen, damit wir entscheiden können, was damit endgültig passieren soll…Das wollen wir niemandem für so lange Zeit zumuten. Als ich wegen eines Kurzurlaubs online einen Lagerauftrag erteile, fällt mir eine Werbung der Post auf: Epost-Scan! Nachdem ich die Infos hierzu gelesen habe, bin ich vollends begeistert. Zum einen kennen wir dieses Angebot aus den USA – hier nutzen viele Fulltimer, also Menschen, die das ganze Jahr über in ihrem Reisemobil leben, einen entsprechenden Service, zum anderen ist das genau das, was wir brauchen.
Kurz erklärt: Alle Post wird an ein Sub-Unternehmen geleitet, das (natürlich sicher!) die Briefe öffnet, den Inhalt einscannt, die Scans per Mail übermittelt, die Originale sammelt und einmal im Monat an eine beliebige Adresse sendet. So ist man, sofern Internet-Anschluss vorhanden, weltweit über eingehende Post informiert und kann entsprechend reagieren – perfekt! Kaddi und Axel, die so lieb sind, sich während unserer Abwesenheit um unser Haus zu kümmern, sind auch noch so nett und bereit, die Sammelpost in Empfang zu nehmen, was soll da noch schief gehen? Ha, ha, ha!
Zum Glück beschließen wir sicherheitshalber, den Service bereits zwei Wochen vor der geplanten Abfahrt starten zu lassen, um zu sehen, ob alles klappt und um gegebenenfalls noch reagieren zu können. Also ab ins Internet und den Auftrag erteilen – aber nein! So einfach ist das bei der Post nicht! Die Scans werden nicht auf irgendein x-beliebiges Emailkonto (so wie das unsere) übermittelt, sondern nur auf ein Epost-Konto und das muss ich zuerst einmal eröffnen. Also auf einer anderen Seite ein neues Formular befüllen, anmelden und das war’s? Nein, doch nicht bei der Post! Es ist eine Sicherheitsabfrage nötig, am besten bei einer Postfiliale. Wir leben auf dem Land, soll ich extra in die Stadt deswegen? Also telefonisch und ab in die Warteschleife… Zwanzig Minuten später teilt mir die nette Dame mit, sie bräuchte Scans meines Ausweises. Also auflegen, Perso einscannen, wieder Warteschleife… Dreißig Minuten später geht es weiter. Ich werde ausgefragt, muss die Daten des gerade eingescannten Persos nochmal aufsagen und irgendwann ist es geschafft – ich habe eine Epost-Adresse bei der Deutschen Post! Nun wieder zurück zum Anmeldeverfahren für den Epost-Scan. Dort hat man meine neuen Daten aber scheinbar noch nicht parat, denn ich bekomme immer noch die Meldung, dass ich ohne eine Epost-Adresse leider diesen Service nicht nutzen könnte. Also raus aus dem Internet und am nächsten Tag wieder versuchen.
Inzwischen habe ich eine Mail erhalten, dass ich auf einen per Schneckenpost versandten Brief warten muss, in dem ich eine Pin vorfinde, mit deren Hilfe ich mein Epost-Konto in Betrieb setzen kann – also deswegen klappte das gestern nicht mit der Anmeldung bei Epost-Scan! „Schon“ nach fünf Tagen erhalte ich die Pin, verifiziere meinen Account und nun aber… Ich glaube es kaum, denn nach dem Befüllen des Formulars für den Epost-Scan erhalte ich die Nachricht, ich müsse auf einen Brief mit einer Pin… Ok, also nach weiteren fünf Tagen ist auch das vollbracht und ich erhalte tatsächlich eine Bestätigung auf meinen nagelneuen Epost-Account, dass der Auftrag erteilt ist und ich ab dem 1. August nun keine Post mehr erhalten werde.
Stutzig machen hätte mich der Passus sollen (vor allem auch, weil ich in unserem Bimobilfreundeskreis bereits gewarnt wurde), dass nur Post geöffnet und gescannt wird, auf der meine Anschrift so wiedergegeben ist, wie ich sie auf dem Antrag angegeben habe. Als Beispiel wird angegeben, dass ein Brief, der „An alle Bewohner des Hauses“ adressiert ist, nicht gescannt wird. Logisch, das leuchtet ein! Aber wie ist das eigentlich, wenn mein Vorname abgekürzt wird und – Moment! – wie ist das mit meiner Frau? Schließlich hat sie seit langem einen eigenen Vornamen, der mit meinem nicht identisch ist! Da der Service mit 25 € pro Monat nicht gerade billig ist – muss ich eventuell für sie einen eigenen Zweitantrag stellen? Also Anruf beim Service – übrigens keine spezielle Nummer, sondern man wühlt sich durch die gesamte automatische Wählerei (Wenn…drücken Sie bitte…) und es hat mich schon misstrauisch gemacht, dass es für den Epost-Scan nicht einmal eine eigene Wahlmöglichkeit gibt. Als ich endlich eine Mitarbeiterin am anderen Ende persönlich sprechen darf, fragt sie zweimal nach, ob sie richtig „Epost-Scan“ verstanden hätte. Dreimal muss ich ihr erklären, was meine Sorge bezüglich der Post meiner Frau ist, dann ist sie so ehrlich, mir zu sagen, ich solle mich gedulden, sie müsse dazu jemanden fragen, der sich mit Epost-Scan auskennt – so viel zum fachkundigen Service! Nach einigen Minuten die deutliche Auskunft, die mich beruhigt: „Es herrschen die gleichen Bedingungen wie bei der Postlagerung. Alle Post wird gescannt!“ Na also, das ist doch mal eine Auskunft, mit der man etwas anfangen kann!
Der 1. August kommt, Post ist im Briefkasten – äh, sollte nicht ab heute keine Post mehr kommen? Aber nein, auch am 2., 3. und 4. August kommen noch Briefe. Gut, dass wir zwei Wochen „Reserve“ eingeplant haben! Dann ist Schluss und es kommt tatsächlich keine Post mehr – allerdings auch keine gescannte Mail!? Wir warten weiter und als zwei Tage vor der Abfahrt immer noch Funkstille herrscht, mache ich mich erneut an die Kontaktaufnahme mit dem Service. Dieses Mal geht es schneller, allerdings nicht mit der Antwort. Die junge Dame erklärt mir am Telefon, dass sie mein Anliegen lediglich an die zuständigen Mitarbeiter weiterleitet, eine Antwort erfolgt nach Bearbeitung, in der Regel (!) nach drei bis vier Werktagen, per Mail auf mein Epost-Konto. Ok, dann fahren wir eben ohne Antwort los – ein gutes Gefühl ist das aber nicht!
Irgendwo in Österreich erhalte ich dann die Antwort, dass alle Angaben in Ordnung und der Epost-Scan Auftrag korrekt bearbeitet wurde und überhaupt alles läuft. Gut und schön, aber auch in den nächsten 10 Tagen bekommen wir weder Mails noch Scans!? So lange haben wir noch nie keine Post bekommen – da ist doch irgendwas faul? Da wir ja nun bereits im Ausland sind, möchte ich gerne per Epost auf die Servicemail antworten, in der ja stand, alles wäre prima. Wenn ich allerdings den „Antwort-Button“ drücke, geht ein Fenster auf, in dem erklärt wird, ich müsse erst ein Post-Ident-Verfahren durchlaufen, um diesen Service (also Briefe schreiben etc.) von meinem Epostkonto aus nutzen zu können. Ich kann mich noch gut an die Identifiziererei erinnern, um dieses Konto überhaupt einzurichten – nun also die ganze Arie wieder, um es auch nutzen zu können?? Heute habe ich dazu keine Lust, ich schalte das Smartphone erstmal aus.
Ein paar Tage später – inzwischen sind wir in Slowenien – fühle ich mich stark genug, das Ident-Verfahren anzugehen. Die Internet-Verbindung scheint auch stabil genug zu sein, denn zu Beginn des Identifizierungsprozesses bietet mir die Post an, diesen per Videochat durchzuführen und das, glaubt mir, ist der Bringer schlechthin: Bevor das Verfahren beginnt, werde ich aufgefordert, meinen Perso zu fotografieren und das Foto anschließend hochzuladen. Die Verbindung steht daraufhin erstaunlich schnell – ein junger Mann lächelt mir aufmunternd zu (wahrscheinlich denkt er: „Oh nein, wieder so ein Internetanalphabet!“) und bittet mich, das kennen wir ja schon, die Daten meines Ausweises noch einmal vorzulesen. Dann muss ich den Ausweis neben mein Gesicht halten und für die Kamera nach oben und unten, rechts und links drehen – wahrscheinlich, damit er die Hologramme sehen und gleichzeitig feststellen kann, dass mein Gesicht auch zu dem fotografierten Ausweis passt. Nun fordert mich mein Chatpartner auf, die Kamera umzustellen, denn er müsse jetzt ein Foto vom Ausweis machen – das tue ich und die Verbindung ist weg! Also alles nochmal von vorne – dieses Mal erwische ich eine nette, junge Dame, deren zugegeben reizender Akzent die Verständigung zusätzlich erschwert, besonders, da ich gerade draußen sitze und um mich herum das Leben tobt. Jetzt bleibt sogar die Verbindung bestehen, als ich die Kamera umstelle, und ich muss nun den Ausweis unter mein Gesicht Halten. Nein nicht so tief, nein auch nicht so hoch, dass mein Bart oder Kinn verdeckt ist, nein nun stimmt der Winkel nicht, nein nun spiegelt der Ausweis… Die Leute um mich herum müssen gedacht haben, ich bin Kandidat bei „Verstehen Sie Spaß“ oder einem ähnlichen Blödsinn. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist sie zufrieden, es macht „Klick“ und das Foto ist im Kasten. Ich muss dann noch ein paar weitere Nummern (Auftrag, Epostbestätigung…) angeben, dann ist der Prozess beendet und ich werde darüber informiert, dass ich noch einmal informiert werde – per Epost. Ich staune, denn bereits 10 Minuten später ist die Mail da! Ich versuche gleich, die schon seit längerem geplante Antwort auf die Servicemail zu schreiben, es geht ein Fenster auf, das mich auffordert, das Post-Ident-Verfahren zu durchlaufen!!!
Eine Woche später – wir sind nun schon seit ein paar Tagen in Kroatien – erhalte ich eine Mail, mein Verfahren sei nun abgeschlossen und ich könne auf alle Dienste zugreifen. Ganz ehrlich: Ich habe mich bisher nicht getraut!!!
Zum Schluss: Auch so wissen wir jetzt, dass es bei Epost-Scan einen gewaltigen Verbesserungsbedarf gibt, denn inzwischen haben wir Scans erhalten, unsere Freunde haben eine Anzahl von Briefen aus dem Briefkasten gezogen, die trotzdem zugestellt wurden und das erste Paket mit Post ist auch bei ihnen eingetroffen, so dass inzwischen feststeht, was alles nicht geht – ohne Garantie auf Vollständigkeit!
- Die Briefe meiner Frau werden nicht geöffnet und auch nicht gescannt sondern einfach zugestellt.
- Adresszusätze wie z.B. die Nennung eines Ortsteils führen auch bei sonst korrekter Orts- und Postleitzahlangabe zum gleichen Ergebnis.
- Mit „Nordbrief“ oder anderen alternativen Versendern beauftragte Post, worauf man ja keinen Einfluss hat, wird auch weiter zugestellt.
- Auch abgekürzte Vornamen (z.B. nur mit dem Anfangsbuchstaben) führen zur Nichtöffnung.
Lohnt sich das ganze Verfahren nun? In der momentanen Ausführung eher nicht – wir hoffen immer noch, dass es unsere Freunde etwas entlastet, weil sie ja nur einen Teil der Post öffnen und scannen müssen, aber ohne sie ginge es auf keinen Fall. Dafür 25 € monatlich zu verlangen ist schon gewagt und mit dem Versprechen der Werbung hat das ganze Prozedere auch nicht viel zu tun!
Übrigens durfte ich inzwischen an einer Zufriedenheitsumfrage teilnehmen – ihr wisst sicher, was ich auf der „Zufriedenheitsskala von 1 bis 10“ angegeben habe???
Nachtrag: Bei der Anmeldung habe ich ausführlich meine Daten für einen Lastschrifteinzug angegeben, nun haben wir die erste Rechnung mit der Bitte um Überweisung erhalten – nun dürfen wir also für die Dauer der Reise mindestens einmal pro Monat Online-Banking betreiben und das ausgerechnet für den Service, der uns das Reisen erleichtern sollte! Was für ein Schwachsinn!!