Nach einigen Tagen der Ruhe begeben wir uns endlich wieder auf die Straße – wenn auch nicht für so lange. Nachdem wir uns von den bekannten Gesichtern verabschiedet haben, geht es langsam nach Norden. Am frühen Mittag erreichen wir Pylos und dieses Mal parken wir nicht direkt am Wasser, sondern an der „Wand“, denn heute soll es stürmisch werden und so stehen wir windgeschützt. Wir kommen kaum dazu uns zu wundern, weshalb hier heute gar kein Reisemobil steht, als ein Streyr-Lkw um die Ecke kommt, den wir schon ein paar Mal in Gythio gesehen haben – übrigens genau vom Fenster des Zahnarztes aus!- aber nie jemanden angetroffen haben. Das wird jetzt nachgeholt – Anja und Peter kommen an den Wagen – sie sind auf großer Tour in Richtung Südostasien und „reiten“ den Winter hier in Griechenland ab. Kurz darauf kommen ihre Bekannten, ein umgebauter Sprinter-Kastenwagen der Post (sieht jedenfalls so aus) und ein 613-er Kastenwagen, ein schönes Teil mit Namen „Big Blue“. Wir laufen ein wenig durch den Ort und schauen nach Essensmöglichkeiten, die dieses Mal noch etwas knapper ausfallen – selbst unser Mazedonier hat heute zu! Wieder auf dem Platz, klönen wir noch ein wenig mit Anja und Peter und geben ihnen die Internetadresse unserer Georgienversicherung mit, denn in das schöne Land wollen die beiden auch noch. Nach einem faulen Nachmittag wollen wir gegen 17 Uhr in das einzig offene Restaurant, in dem kein Fernseher mit Fußball läuft, aber das macht leider erst um 18.30 Uhr auf. Während des Wartens kommt leider, wie so oft in diesem Januar, wieder ein heftiges Gewitter dazwischen und so müssen wir bis 19.30 Uhr warten, bis wir in einer kurzen Regenpause auf die andere Seite des Hafens flitzen können. Die Qualität der Pizza entschädigt für das miese Wetter – dass es in einer Pizzeria aber keinen Rotwein gibt, ist nun wirklich nur knapp zu entschuldigen!
Nach einer erneuten Klönrunde am Morgen verabschieden wir uns und fahren weiter an der Küste entlang nach Norden. Langsam geht uns das Wetter auf den Geist, denn es regnet wieder in Strömen und hört auch den ganzen Tag über nicht auf. Es geht über Marathopolis und Filiatra nach Kalo Nero und hier schließt sich endgültig der Kreis. An derselben Tankstelle wie auf dem Hinweg tanken wir 7,7 l Gas (das ist also der Verbrauch in gut zwei Monaten) und füllen auch gleichzeitig noch den Dieseltank. Dann geht es über Kakovatos (der Ort heißt wirklich so!) zu unserem Stellplatz bei Panorama. Langsam tun uns die Griechen echt leid: Alles steht unter Wasser, einige Straßen sind nur noch bedingt befahrbar, die Felder sind komplett durchnässt – unsere deutschen Bauern hätten wahrscheinlich schon den Katastrophenschutz angefordert, von dringenden Ausgleichszahlungen durch die EU ganz zu schweigen. Bei diesem Wetter steht für uns jedenfalls fest: Man kann und will nicht raus, also strickt Kathrin weiter an ihren Socken und ich kümmere mich um den Blog. Am nächsten Tag bleiben wir auf unserem Stellplatz und der Regen sagt sich: „Da bin ich Kumpel, da bleibe ich doch auch!“ Es schüttet, es regnet, ab und zu kommt zur Abwechslung ein schweres Gewitter mit Hagel dazu – damit es nicht zu langweilig wird!
Heute geht es nochmal auf den Campingplatz „Ionion Camping“ bei Glyfa, denn wir müssen noch einmal Wäsche waschen und seit dem Frühstück ist es trocken, die Sonne kommt raus und laut Wettervorhersage soll das auch noch mindestens einen Tag so bleiben – das müssen wir ausnutzen! Kurzer Halt im Dorf Glyfa, denn hier gibt es einen kleinen Laden, der losen Ouzo und Rotwein für kleines Geld und mit Superqualität verkauft, dann stehen wir wieder direkt am Wasser. Kleiner Unterschied zum letzten Mal: Damals suchten wir einen Platz mit möglichst viel Schatten, jetzt einen mit möglichst wenig davon! Endlich können wir wieder einmal draußen sitzen. Der diesjährige Januar ist schon besonders und geht auch und gerade den Einheimischen ganz gehörig auf den Geist! Zur Feier des Tages macht Kathrin ein „sonniges“ Essen – es gibt gefüllte Auberginen, dazu den frisch gekauften Rotwein und hinterher ein bis zwei Gläschen vom tollen Ouzo, das versöhnt uns mit dem Wetterschicksal, insbesondere, weil der Wetterbericht recht behält und der nächste Tag richtig sonnig wird – und das bei milden 18°C!
Dass es von nun an bis zu unserer endgültigen Abfahrt vom Peloponnes wieder ausschließlich regnet und gewittert, sei hier nur noch am Rande erwähnt. Uns interessiert das jetzt peripher, denn das Wetter in Süditalien und Sizilien ist laut Wettervorhersage bei weitem besser und jetzt auch konstanter, also was soll’s? Wir verbringen somit zwangsläufig die letzten Tage im Auto, Kathrin hat sich nach den Socken nun Fingerlinge vorgenommen – ob das vielleicht mit dem Wetter zu tun haben könnte? Egal, am Morgen der Fährüberfahrt packen wir unseren „Bordrucksack“, halten ein letztes Mal am Supermarkt und kaufen alles ein, was wir in Italien vermissen werden, also z.B. Feta, griechischen Joghurt, Retsina, Kebab oder den leckeren Raspelkäse, der wie ganz normaler Pizzakäse aussieht, aber wie Roquefort schmeckt.
Plötzlich prasselt es mächtig, Hagel füllt den Parkplatz und der nächste Blitz schafft es: Strom aus, Lidl geht auf Notstronaggregat – so sieht Abschied aus! Gegen 14 Uhr sind wir am Schalter von „Fastferries“, holen unsere Tickets ab und statten dem Dutyfreeladen noch einen Besuch ab.
Dann ordnen wir uns in der Schlange als einziges Reisemobil zwischen den Lkw ein. Die Kontrolle hier dient einzig und allein der Überprüfung, ob irgendwelche blinden Passagiere an Bord der Fahrzeuge sind. Da es bei Lkw ganz schön viele Möglichkeiten gibt, sich zu verstecken und keine Extraspur für Touristen existiert, dauert es einige Zeit, bis auch wir durchgecheckt sind. Dann werden wir auf das riesige Fährgelände entlassen und dürfen nun selbst sehen, wie das hier alles funktioniert. Logisch, die Profis wissen Bescheid, denen braucht man nichts zu erklären. Hier liegen drei große Fähren, dazwischen wuseln eine Menge Trucks und Containertransporter. An einigen Stellen des Geländes bilden sich schwerpunktmäßig Gruppen aus Lkw oder aufgereihten Aufliegern. Alles sehr geschäftig, aber wo müssen wir uns anstellen? Es gibt keine Schilder, keine aufgemalten Wartespuren, nicht mal eine „Schlange“, zu der wir uns gesellen könnten. Ok, unser Schiff, die Fastferry 2, haben wir schnell gefunden, das Teil ist nicht zu übersehen, und jetzt? Die Riesenrampe am Heck ist offen und in gehörigem Abstand dazu stehen nebeneinander vier Lkw – das kann doch nicht alles sein? Egal, wir stellen uns brav daneben und so scheint das auch zu stimmen, denn niemand beschwert sich und keiner schüttelt missmutig den Kopf. Im Gegenteil – als ein kleiner Kühllaster versucht, direkt die Rampe zu entern, wird er deutlich zurecht gewiesen und muss sich brav hinter uns anstellen. Es ist 15 Uhr, also noch eine Stunde bis zur Einschiffung.
Dann beginnt ein wirklich faszinierendes Schauspiel! Es gibt zwei Stockwerke. Unten beginnen die Stauer, mit ihren sechs Sattelschleppern im Akkord die Auflieger rückwärts in den unteren Frachtraum zu rangieren. Gleichzeitig (da muss man eben etwas aufpassen!) werden die Lkw aufgefordert, über die links daneben liegende Rampe auf das obere Deck zu fahren, dort gegebenenfalls zu wenden und dann nach Einweisung einzuparken. Bereits als viertes Auto sind wir dran, also nach oben und rückwärts einparken – allerdings nicht in eine der Fahrspuren, sondern in eine Nische hinter dem Schornstein. Wir amüsieren uns (noch), denn am Schiff stehen vielleicht gerade einmal zehn Lkw und die Fähre ist wirklich ziemlich groß – was soll also das Rangiere, als würden wir uns in der Hochsaison befinden?
Wir schnappen uns unseren Bordrucksack, begeben uns zur Rezeption und werden danach sogar von einem Steward (?)in unsere Zwei-Bett-Innenkabine geführt: Eine Nasszelle (etwas größer als die in unserer Exe), zwei Stockbetten (da wird man doch wieder jung!), ein Schrank und eine kleine Ablage – dann noch wir Zwei und der Raum ist so was von voll!! Aber wir sind ja nur für eine Nacht an Bord, das passt schon! Der Steward (sehr gut genährt, also ist es im Moment noch enger als eng!) zeigt uns die Annehmlichkeiten der Kabine – also die Betten, eine Leiter „für oben“, die „Klimaanlage“ (eine tellerartige Öffnung in der Decke mit An-Aus-Schalter) und die Tür zur Nasszelle. Sein Tipp, das obere Bett erst dann runterzulassen, wenn man auch wirklich schlafen will, ist eigentlich überflüssig, denn andernfalls kann man sich nicht zu Zweit gleichzeitig in der Kabine aufhalten! Schön ist auch, dass die Raumtemperatur konstant auf 22°C eingestellt ist. Über der Ablage befinden sich zwei Drehschalter, mit denen man angeblich Temperatur und Intensität der Lüftung einstellen können soll. Allgemein gilt ja, dass man nicht zu warm schlafen soll und wir schlafen nach Ansicht von Freunden sogar „eiskalt“, nämlich gern bei 15°C. Das kann man hier getrost knicken – ich drehe wie blöd an den Reglern, aber es tut sich nichts, absolut nichts.
Werden wir auch überleben, also Tür zu und ab nach oben aufs Aussichtsdeck und bei der Verladung zuschauen. Jetzt ist es zwar schon bedeutend voller, aber es sind auch nur noch 20 Minuten bis zur Abfahrt und da ist noch eine Menge Luft. Die Lkw stehen jedenfalls eng an eng – es muss erstmal der eine Fahrer raus, bevor der Nebenmann reinrangieren kann und dann ist dafür die Tür auch diebstahlsicher verschlossen!
Bis zur letzten Minute kommen noch Fahrzeuge an – das läuft hier schon sehr professionell. Wir sind übrigens immer noch die einzigen Reisemobilfahrer an Bord und werden es wohl auch in Bari bleiben, denn wir kommen unter Garantie erst als Letzte hinter unserem Schornstein wieder raus. Aber wir sind Touristen und haben ja alle Zeit der Welt! Ok, es wird Zeit für das Einlaufbier und das kommt in der Bar sogar aus dem Zapfhahn. Hier findet auch die Sicherheitseinweisung statt. Echt, genau wie im Flieger – na ja, nicht ganz, es sind keine Stewardessen, sondern Kellner: Die Zwei bauen sich gut sichtbar an Bar und Restaurant auf und demonstrieren das Anlegen der Schwimmwesten (das macht hier im Gegensatz zum Flieger auch wirklich Sinn!) inklusive Notlampe und Haianlockpfeife! Nach einer Schiffsbegehung gönnen wir uns ein Essen aus dem Selbstbedienungsrestaurant – was anderes gibt es hier auch nicht, schließlich sind ja außer uns nur noch Trucker an Bord. Trucker wollen gut und reichlich essen und darauf hat man sich in der Küche eingestellt – das Rinderstifado und der Schmorbraten sind reichlich und wirklich gut! Bedienen tut übrigens unser „Steward“ von vorhin. Nach einem weiteren kleinen (!) Bier in der Bar haben wir genug Bettschwere und verabschieden uns in unsere Luxussuite.
Den Zwischenstopp in Igoumenitsa bekommen wir, obgleich wir wegen der Wärme und der unbekannten Geräusche eher unruhig schlafen, nur am Rande mit. Kathrin erzählt morgens auch noch etwas von Seegang, aber da muss ich passen – nix mitbekommen! Um 7 Uhr stehen wir auf, da meine „Marine Traffic“ App anzeigt, dass wir bereits um 8.30 Uhr MEZ in Bari ankommen sollen. Fürs Frühstück reicht das nach dem Duschen sowieso nicht mehr, also packen wir unseren Kram zusammen und machen es uns draußen auf dem Deck gemütlich – nee, Halt: Einen Kaffee brauche ich natürlich vorher, sonst geht gar nichts! Auch jetzt bedient unser gut genährter Steward und es ist richtig niedlich zu sehen, wie er dafür sorgt, dass er sein Gewicht hält: Er steht genau vor der großen Pfanne mit dem Frühstücksbacon und wenn er meint, dass niemand schaut, greift er schnell zu und – schwupps – ist ein Scheibchen weniger auf dem Tresen. Als wir auf das Autodeck schauen, stockt uns der Atem: Was haben die denn gestern Nacht in Igoumenitsa noch dazu gepackt? Das Deck ist knallevoll, da passt kaum noch eine Hand zwischen die Trucks – sogar die Rampe nach oben ist vollgestellt! Und vor allem: Wie haben sie die letzten Trucks in die Lücken bekommen – mit dem Hubschrauber?
Irgendwo da hinter dem Schornstein steht Exe!
Unsere Achtung vor den Einweisern wie auch vor den Truckern wächst gewaltig, denn das ist eine enorme logistische Leistung! Frühstücken hätten wir übrigens auch noch in Ruhe können, denn letztendlich kommen wir erst um 10.30 Uhr MEZ in Bari an – man soll eben einer App nicht unbedingt trauen. Das war’s also mit Griechenland – nun geht es in Italien weiter.