Postversand mit Hindernissen

Es ergab sich neulich, dass wir für Exe einen Ausrüstungsgegenstand gekauft hatten, den wir aber letztendlich wegen geänderter Planung und falscher Abmessungen nicht gebrauchen konnten. Nun gibt es ja diese wohlbekannte Online-Verkaufsplattform die mit „E“ beginnt und mit „bay“ aufhört. Dort inserierten wir erfolgreich, erbaten aber gleichzeitig nur Abholung und keinen Versand, da das Gewicht des Artikels selbst bereits 29,5 kg betrug. Das Maximalgewicht für ein Postpaket liegt bei 31,5 kg – das erschien uns doch etwas knapp, denn schließlich muss da ja auch noch eine Verpackung drum rum! Wie es natürlich so „der Zufall“ (?) will, kam der erfolgreiche Bieter aus Nordrhein-Westfalen, also lockere 400 km weit weg und hatte selbstverständlich auch rein „zufällig“ (?) überlesen, dass wir den Artikel eigentlich nicht verschicken wollten – das hatten wir in dem Inserat mit der eben geschilderten Begründung auch deutlich gemacht. Nun ist der Mensch manchmal gierig: Der erzielte Preis stimmte, das Ding sollte aus dem Schuppen verschwinden und überhaupt hatten wir ja auch schon Arbeit und Zeit investiert. Also ran an den Versand – wird schon klappen!

Gegen 10 Uhr begann ich den Kampf mit Pappe, Klebeband und Verpackungsmaterial zuerst allein. Immer auf Sicherheit bedacht (wer hat nicht schon malträtierte Pakete vor seiner Haustür gefunden, die den Eindruck erweckten, als hätten sie den Weg vom Absender als „mehrfache Wurfsendung“ zurückgelegt, die entsprechend augenscheinlich mehr als nur einmal nicht gefangen wurden? Also wurde der etwas zu große Umzugskarton „fachgerecht“ zerlegt und enger „genäht“, damit der Inhalt nicht unkontrolliert darin rumschlackert. Die neu entstandenen „Nähte“ mussten natürlich mit reichlich Paketklebeband verpflastert werden, denn der Kokon sollte ja stabil sein. Nach runden drei Stunden Arbeit präsentierte ich meiner Angetrauten stolz das vollbrachte Werk: Ein stabiler Quader – wobei ein Großteil dieser Stabilität zugegebermaßen durch mindestens eine halbe Rolle Klebeband erreicht wurde. Stolz erhielt ich das erwartete Lob meiner Gattin (für mich so etwas wie ein durch harte Arbeit erlangtes TÜV-Gutachten!), die benutzte digitale Personenwaage zeigte 30,5 kg – also bestellte ich online, bezahlte brav bei PayPal und druckte das Paketticket aus.

Da das Ding wirklich schwer war und meine Wirbelsäule nicht mehr die beste ist, fiel die Wahl auf die DHL-Station in unserem örtlichen Supermarkt, denn dort gibt es genügend Parkfläche und außerdem Einkaufswagen vom Getränkemarkt, die den Transport ungemein erleichtern! Angekommen, wuchteten wir das Paket auf einen der besagten Wagen und fuhren damit zur Filiale. Nach einigen Minuten Wartezeit, hervorgerufen durch eine Lotto – Einzahlerin, die mit der Ladeninhaberin ausgiebig wie ausdauernd die Gewinnchancen der nächsten Woche(n) erörtern musste, waren wir schließlich dran. Nach der Schilderung unseres Wunsches nach Abgabe des unhandlichen Paketes ernteten wir ein schadenfrohes Grinsen, das uns an möglicherweise verborgene sadistische Neigungen des weiblichen Verkaufspersonals denken ließ. Sie meinte nur: „Na dann packen Sie das Teil mal hier auf die Waage!“, zusätzlich begleitet von einem Kopfnicken in Richtung eines kleinen, oben (also in Bauchnabelhöhe!) auf dem Verkaufstresen stehenden Wiegeinstrumentes – angesichts der Größe und Platzierung eigentlich wohl eher für Briefe und niedliche, bescheidene Päckchen gedacht. Wir sahen uns an – die Kämpfernatur in uns beiden erwachte! Also zu zweit ran an das Ding und rauf damit auf die Waage, die angesichts der schieren Größe des Paketes komplett darunter verschwand. Keine Ahnung, wie die Dame das Gewicht ablesen konnte (wahrscheinlich befindet sich das Display irgendwo unter dem Tresen!?), aber mit einem fast schon zu Gehässigkeit anwachsenden Grienen kam die vernichtende Auskunft: „Das sind leider 31,7 kg – sowas darf ich nicht annehmen!“ Auf unsere zweifelnden Mienen (schließlich handelte es sich um 200 g, also lächerliche zwei Tafeln Schokolade!) kam die kurze und knackige Antwort, dass die Waage geeicht sei, da wäre nichts zu machen, nicht einmal bei 1 Gramm Mehrgewicht. Okay, was nun? Sollte unsere Waage zuhause etwa derart falsch liegen? Und nebenbei bemerkt: Was bedeutete dieses Wiege-Resultat für die regelmäßig stattfindenden häuslichen Überprüfungen unserer Leibesfüllen? Schon wieder Diät? Und das so kurz vor Weihnachten? Wir mochten jedenfalls (nicht nur deshalb!) nicht so recht an die Korrektheit der Messergebnisse dieser doch etwas unterdimensioniert erscheinenden Wiegevorrichtung glauben und beschlossen, nun doch in die Stadt zu fahren und es dort an der Hauptfiliale noch einmal zu versuchen.

Nun liegt die jedoch in einer verkehrsberuhigten Einkaufsstraße mit lediglich drei Parkplätzen, aber das Glück war uns wenigstens in dieser Beziehung hold, denn wir bekamen nicht nur einen dieser raren Plätze, sondern auch noch einen direkt vor dem Laden. Dieses Mal mussten wir das Paket allerdings ohne Einkaufswagen bis zum Schalter wuchten – und auch die Warteschlange vor diesem war um einiges länger als im Supermarkt. Irgendwann waren wir an der Reihe. Ein seitlicher Schieler des Mitarbeiters auf meinen Verpackungsstolz und die kurze Bemerkung: „Haben Sie denn dafür auch den Sperrgutzuschlag bezahlt?“ „Sperrgut? Das hier ist ein Quader, die Maße sind auch absolut im Rahmen – weshalb‚ Sperrgut‘?“ Ein Seufzen, den Blick zur Decke, wohl in Richtung Himmel, erhoben, dann folgte die für uns nicht gerade vor Logik strotzende Erklärung: Es war zu viel Klebeband am Paket. Aus irgendwelchen, für uns nicht nachvollziehbaren Gründen wäre deshalb nur eine ‚händische‘ Abfertigung möglich und dies könnte nur als Sperrgut geschehen. Kleiner Haken: Der Versand würde von gut 16 € auf über 40 € steigen und das würde der Käufer, der wie immer bei Ebay den Transport bezahlen muss, ganz sicher nicht wollen – und wir übrigens auch nicht! Meine Frau bestand aus reinem Interesse darauf, das gute Stück trotzdem noch einmal auf der hiesigen, großen (!) Waage wiegen zu lassen – nun waren es plötzlich nur noch 80 g zu viel, so viel zu „geeichten“ Waagen, was uns aber nun auch nicht half. Wir müssten eine Spedition beauftragen, etwas anderes ginge nicht. Wenigstens erbarmte man sich unser und das Paket wurde von einem anderen Mitarbeiter wieder zurück ins Auto verfrachtet. Was nun – wir waren ziemlich fassungslos! Zu viel Klebeband? Wegen der 80 g Übergewicht sollten wir, wie ich schnell im Internet nachlesen konnte, nun bereits mehr als 50 € für die Spedition zahlen? Wir sahen uns an – da war sie wieder: Unsere Kämpfernatur!

Zurück nach Hause, Platz auf dem Küchenfußboden schaffen und nun nahm sich meine Verpackungsexpertin des Problems an: Das Teil wurde vorsichtig wieder aus der Verpackung gepellt. Anschließend wurden die von mir aus Sicherheitsgründen zusätzlich angebrachten Pappeinlagen „ausgebaut“ und gewogen. Das ergab bereits mehr als ein Pfund (für die Jüngeren: Das sind über 500 g!) Ersparnis, aber das blöde Klebeband war natürlich immer noch da. Also begab sich meine Frau auf den Dachboden und kehrte mit einem neuen alten Umzugskarton zurück. Daraus wurde nun ein neuer Kokon erstellt. Natürlich entstanden auch jetzt wieder neue „Nähte“, aber meine Frau ist ja nun einmal eine richtig Schlaue: Wo es ging, verklebte sie die Nähte jetzt unsichtbar von innen! Okay, einige Verbindungen mussten zwangsweise auch von außen „versiegelt“ werden, aber das Endergebnis erschien uns beiden doch sehr zufriedenstellend. Da wir den neuen Abgabeversuch auf alle Fälle „inkognito“ ausführen wollten, hatte ich inzwischen mehrere alternative Postfilialen ausfindig gemacht – eine davon sogar noch in unserer Stadt in einem anderen Supermarkt, die hatten wir bisher noch nie wahrgenommen.

Faul wie wir nun einmal sind, wählten wir deshalb genau diese Abgabestation an die erste Stelle unserer Versuchsreihe. Vorher musste natürlich noch der Portosticker von dem alten Karton auf den neuen und selbstverständlich hatte ich den derart gut und sicher verklebt, dass daran nicht zu denken war: Er wollte sich nur in kleinsten Fitzelchen ablösen lassen und war deshalb nicht mehr zu verwenden. Selbstverständlich hatte ich auch darauf verzichtet, den Sticker nach dem Kauf herunter zu laden, wozu auch? Also wieder ab ins Internet und eine „Bittmail“ an den Kundenservice geschickt und – oh Wunder! – nach ein paar Minuten landete die entsprechende Datei in unserer Mailbox. Sollte das ein positives Omen sein? Ein Wink des Schicksals? Ausdrucken, aufkleben, wieder ab mit dem 30 kg Paket ins Auto und los zum zweiten Supermarkt.

Vorteil schon einmal: Hier gab es wieder Einkaufswagen vorm Getränkemarkt. Rauf mit dem Schwergewicht, rein in den Markt und Fragezeichen: Wo, bitteschön, war hier die DHL-Filiale? Nichts ausgeschildert, erst die Nachfrage bei einem Mitarbeiter half: Einmal durch den Markt und hinten ganz links. Dort angekommen, wieder Fragezeichen: Außer einem großen Tor zum Warenlager war nichts zu sehen, bis…ja bis wir zufällig neben dem Tor eine Klingel entdeckten – mit der Aufschrift: Für DHL bitte klingeln. Das taten wir denn auch und während wir warteten, suchten wir im Lagerraum nach den bekannten und typischen Merkmalen einer DHL-Station wie Waage, Schalter o.ä., aber außer einem Haufen bereits abgegebener und anscheinend auf Abtransport wartender Pakete und Päckchen war nichts zu entdecken.

Nun zum Clou der ganzen Geschichte: Nach einigen Minuten erschien ein Supermarkt-Mitarbeiter, nahm uns das Paket ab und stellte es wortlos zu dem Stapel der anderen, dort bereits wartenden Versandstücke. Wir waren fassungslos – keine Waage? Keine Kontrolle ob der Klebestreifen? Keine Nachfrage nach dem Sperrgutschein? Meine Gattin war derart entgeistert, dass sie die eigentlich recht gefährliche Frage stellte, ob denn das Gewicht des Pakets für eine Zustellung nicht vielleicht zu schwer wäre. Die Antwort brachte uns dann noch mehr aus der Fassung: „Das Ding wiegt doch fast nichts. Was meinen Sie, was hier sonst so alles abgegeben wird. Nein, das ist für den Paketfahrer überhaupt kein Problem!“ Sprach’s, nickte, strahlte uns an und übergab uns unseren Paketschein.

Leicht benommen standen wir ein paar Minuten später wieder am Auto – was war das denn jetzt? Schließlich war es inzwischen 16.30 Uhr – wir hatten uns den ganzen Tag, also zumindest 6 ½ Stunden ohne Pause (!) an dem Packstück schwer verausgabt, hatten bereits zwei DHL-Stationen sieglos verlassen müssen und waren nun kampfeslustig und mit vielen weiteren Schwierigkeiten rechnend aufgebrochen, um einen triumphalen Sieg einzufahren…und nun das! Zwar war das Paket weg, aber man hatte uns nicht nur um unseren „Verpackungstriumph“ gebracht. Nein, über unseren Köpfen hing nun auch noch ein hell leuchtendes Schild mit der Aufschrift: Ihr Dussel hättet euch das alles ersparen können, wenn ihr direkt zu dieser Filiale gefahren wärt! Schön blöd seid ihr gewesen! Und dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen, oder? Doch – denn oh Wunder: Nach zwei Tagen erreichte das Paket tatsächlich pünktlich und absolut unbeschädigt den Adressaten!