Gegen 10.30 Uhr verlassen wir unseren schnuckeligen Strandplatz bei Lezhe, fahren einmal mitten durch die Innenstadt und begeben uns auf die SH 39, immer gemütlich neben der Autobahn entlang in Richtung Tirana. In Lac finden wir einen „Hipermarket“, hochmodern mit mehreren Etagen und Rolltreppe, fast wie ein Kaufhaus. Ja, ja, Albanien entwickelt sich schnell! In Mamurras gibt es einen Raiffeisengeldautomaten direkt an der Straße mit eigenem Parkplatz – ich falle quasi aus dem Auto dem Apparat vor die Füße – ja, sind wir denn in den USA? Ab Thumare geht es dann auf die Autobahn, also die SH 1, denn wir wollen Tirana möglichst bequem und ohne viel Aufsehen umgehen. Das gelingt mit Ausnahme von zwei, drei kleineren Staus auch, dann fahren wir auf der alten Strecke, der SH 3, durch wunderschöne Berglandschaft, an den Sommerfrischen des wohlhabenderen Teils der städtischen Bevölkerung vorbei nach Elbasan.
Bereits auf der serpentinenreichen Abfahrt in das Flusstal sieht man die alten Stahlwerke, von der Türkei leider mit alter Technik wieder aufgebaut, so dass die Stadt häufig unter Smog zu leiden hat. Heute ist die Luft jedoch einigermaßen klar, so dass man eine gute Sicht auf die alten Industriegebäude und die Stadt insgesamt hat.
Die iOverlander App schickt uns zum Stellplatz am Resort Kriva. Auch hier ist nichts mehr los, das Restaurant ist bereits geschlossen, die Bar zum Glück noch offen.
Wir laufen in die Stadt und beobachten das, was wir besonders gerne tun: Einfaches, alltägliches Leben. T-Online hat hier scheinbar gerade eine Großoffensive gestartet: Im Zentrum eines großen Kreisverkehrs wurde ein riesengroßes Magenta-T errichtet, die Fußgängerzone mit hunderten von T-Flaggen „geschmückt“. Da unser Internet schon länger nichts mehr gemeldet hat, denken wir uns, dass dies genau der Platz ist, um zu reklamieren. Und tatsächlich – es stellt sich heraus, dass der Mitarbeiter in Shkoder bei der Eingabe die Registrierungsnummer falsch eingetippt hat: Anstelle einer 3 steht dort eine 0. Nach einer Neuregistrierung funktioniert das Internet rund einen halben Tag lang, bevor die Überprüfung abgeschlossen ist. Deshalb haben wir dann auch lediglich gedacht, T-Online wäre eine falsche Wahl gewesen und die Netzabdeckung besonders schlecht. Eine Korrektur ist nicht möglich, so müssen wir noch einmal 6 € löhnen, aber seither funktioniert das Internet prächtig! Auf dem ebenfalls sehenswerten Markt kaufen wir noch eine Kette extra scharfer Pepperoni, dann besichtigen wir die leider eher kümmerlichen Reste der Altstadt und laufen die Geschäftsstraßen ab.



Nach einem dringend nötigen Bier an der Bar des Resorts kochen wir wieder einmal selbst, was Anlass zu einem längeren Klönschnack mit dem Gärtner des Resorts gibt, der gleichzeitig auch die Security darstellt. Wir stehen übrigens allein auf dem Platz!
Am nächsten Morgen laufe ich über das Gelände, um einen Gulli zu suchen, über den wir unser Abwasser entleeren können. Das sieht die äußerst aufmerksame Chefin vom Dienst und fragt nach meinem Begehr. Die Worte „Abwasser“ oder „Grey Water“ sagen ihr nichts, aber meine Gesten deutet sie mit einem strahlenden Lächeln und sagt „Ah – Tualet!“. Na gut, auch nicht unrichtig, denke ich und sie deutet mir, ihr zu folgen. Es geht durch das geöffnete Maul (mit Zähnen aus Gartenschlauchstücken!) in einen künstlichen Tunnel mit der Form eines Krokodils hindurch zum Fluss. Hier soll ich die Cassette irgendwo nach Belieben ausleeren. Entsorgen auf albanisch eben! Ich schaffe es immerhin, ihr zu vermitteln, dass sich unsere zu entsorgende Flüssigkeit in einem fest eingebauten Tank befindet und unsere Exe nun einmal nicht durch das Krokodilmaul passt. Da strahlt sie erst recht und meint: „No problem! You’re in Albania! Just park at the roadside and let it go!“
Wir verlassen Elbasan nun auf der SH 71 nach Süden und biegen 6 km später auf die SH 70 nach Cerrik ab. Weiter geht es auf nagelneuer Straße bis nördlich von Kucove. Hier gibt es eine brandneue Umgehungsstraße, die weder Lieschen noch die Karte kennt. Der folgen wir und in Ura-Vojguore, wo am westlichen Ortsausgang an der SH 72 der Camping Berat liegt, geht es auf eben dieser Straße, allerdings in der anderen Richtung, nach Berat. Gegen Mittag parken wir direkt an der unteren Altstadt am Fluss, die auch den Namen „Stadt der 1000 Fenster“ trägt.

Wir sind begeistert: Eine tolle Stadt, kulturmäßig das beste, was wir bisher in Albanien gesehen haben! Zuerst schauen wir uns alles in Flussnähe an, denn da stehen wir ja sowieso gerade. Dann geht es – wieder einmal zur Zeit der größten Mittagshitze, wir können es wohl nicht besser! – steil bergauf zur Burg (100 Lek p.P. Eintritt) und der darin befindlichen oberen Altstadt.

Auch hier alles traumhaft und sehr schön! Wir laufen zum Panoramapunkt und können von hier aus Exe auf dem Parkplatz tief unter uns sehen. Zum Glück gibt es ein hohes Geländer und so kann auch ich trotz Höhenangst den Ausblick genießen.
Nach einer Pause in einer Bar hier oben machen wir uns an den Abstieg, der bei Google Map eingezeichnet ist. Leider ist der Eintrag nicht mehr ganz aktuell, wie sich zeigt: Es wird viel gebaut und den Schutt hat man genau auf den steilen Serpentinenweg geschüttet. So rutschen, schlittern und fluchen wir uns nach unten, denn: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ Heil wieder unten angekommen, laufen wir noch die Fußgängermeile ab und anschließend geht es im inzwischen knallheißen Auto die 12 km zurück zum Camp. Den Plan, Kathi und Dirk an der Lagune bei Vlore zu treffen, geben wir auf, denn es ist bereits 16 Uhr, es ist heiß und wir sind geschafft.
Camping Berat: Klein, nett und gepflegt – also Strom (umsonst), Wasser (trinkbar und gefiltert), Wäsche waschen (Waschmaschine 4 €), duschen (umsonst). Zur Begrüßung gibt es auch noch für jeden neuen Gast einen Frappé – was will man mehr? Nebenan ist außerdem angeblich eine der besten Wineries Albaniens, da gehen wir natürlich hin, nachdem die alltäglichen Arbeiten erledigt sind. Die Freundlichkeit ist gehoben, also nicht albanisch herzlich, sondern eher international businessorientiert. Bevor man verkosten darf, soll man eine Kellerbesichtigung machen. Als wir darauf verzichten (ich weiß nicht, die wievielte Besichtigung das gewesen wäre und nur zur Erinnerung: Unsere Freunde (hallo Bärbel, hallo Reiner!) besitzen ein Weingut), fallen wir schon fast in Ungnade – aber schließlich dürfen wir doch zwei der billigeren Weine sogar umsonst verkosten. Man möchte uns auch von den Weißweinen überzeugen, aber… nun ja, alles ist Geschmackssache. Wir kaufen höflichkeitshalber zwei Flaschen des noch am ehesten trinkbaren Rotweins, der auf alle Fälle sehr engagierte Preise hat – von 8 bis 32 € kosten die Stöffchen und allein das scheint viele Touristen auf dem Platz zu überzeugen, dass es schmeckt – es wird jedenfalls kistenweise eingekauft. Den Abend beschließen wir bei traditionellem Essen, von der Chefin frisch gekocht – ich darf vorher in die Küche und in den Ofen schauen: Gefüllte Paprika mit Hähnchenfilet, dazu Tsaziki und einen (viel besseren!) Rotwein des Hauses vom eigenen Weinberg!
Heute soll es zum Osumi Canyon gehen – laut Führer eine 1 ½ Stundenfahrt über 45 Kilometer. Wir planen deshalb, anschließend nach Himare an der albanischen Riviera zu fahren, wo Kathi und Dirk inzwischen ihr Lager aufgeschlagen haben und begeistert berichten, dass sie hier durch Zufall wieder auf Sylvia und Holger gestoßen sind – da wollen wir natürlich nicht fehlen! Also zahlen und ab geht es wieder nach Berat, quer durch die Stadt und dann folgen wir die ganze Zeit dem Fluss Osumi bis zu seinem Canyon. Zuerst geht es entlang eines breiten Tals mit Obst- und Weinplantagen, Maisfeldern und Baumschulen, dann wird es gebirgig und die Straßenqualität lässt wieder einmal deutlich zu wünschen übrig. Dazu kommen jede Menge LKW – einmal Marmortransporte, denn hier wird Gestein abgebaut, dann aber auch durch Polizei abgesicherte Schwertransporte, denn die Amerikaner bauen hier zusammen mit den Albanern eine Pipeline. Auf Kosten dieses Konsortiums werden erste Straßenabschnitte großzügig saniert, andererseits aber auch vieles durch die Schwertransporte erst kaputt gefahren. Es geht über Polican und Bogove nach Corovode, wo wir ein wenig verzweifelt durch die Gegend irren. Lieschen und die Karte haben einen neu gebauten Streckenabschnitt nicht auf der Liste und so kommen wir an einem unbekannten Punkt in die Stadt. Alles ist so neu, dass auch keine Schilder zu finden sind. Rettung bringt ein freundlicher Polizist, der uns wieder auf den rechten Pfad bringt – die kleine, unauffällige Straße, die aus dem Ort wieder herausführt, hätten wir sicher übersehen! Hinter der Stadt beginnt endlich der Canyon. Von wegen 1 ½ Stunden! Wir sind seit drei Stunden unterwegs und haben nicht 45, sondern 116 Kilometer zurückgelegt! Von wo aus da gemessen wurde, ist uns nicht ganz klar.
Jedenfalls wird die Straße jetzt vorzüglich – das Konsortium war hier aktiv, denn außer der Straße wurde in Cerenisht eine neue Aussichtsplattform und am Ende des Canyons bei Lapanj eine neue Brücke gebaut.

Wir machen viele Fotostopps und dann geht es auf gleicher Strecke wieder zurück. Aufreger des Tages: Kathrin fotografiert aus dem Auto heraus einen Mann mit Esel, der hoch mit Heu beladen ist. Das mag dieser (also der Mann!) wohl gar nicht, denn er tut so, als höbe er einen Stein auf, dann rennt er auf Exe zu und deutet an, dass er die Windschutzscheibe einwerfen will.

Da haben wir wohl scheinbar einen gläubigen Moslem erwischt! Nach 7 Stunden sind wir endlich wieder zurück und haben für heute genug.Wir landen wieder auf dem Camping Berat und aus dem Wiedersehen mit Kathi, Dirk, Sylvia und Holger wird für heute zumindest nichts mehr.
Wir erwischen sogar einen Schattenplatz in einer Art Gaze-Carport, die Chefin bringt wieder zwei Frappés und bittet mich wieder in die Küche, damit ich die heutige Spezialität gebührend bewundern kann: Gefüllte Auberginen und Zuccini! Das Internet funktioniert auch schnell – ich finde endlich den Nachweis, dass es in Georgien inzwischen Eurodiesel gibt! – und wir sind wieder mit dem Schicksal versöhnt. Am Abend füllt sich der Platz erstaunlicherweise – scheinbar setzt gerade irgendwo eine Rückreisewelle ein!?
Nun geht es zuerst über Fier nach Vlore an der Küste. Die ersten 10 Kilometer sind besonders: Wieder einmal hätten wir lieber eine Piste als das, was uns hier angeboten wird: Irgendein Altmetallhändler hat sehr, sehr gründlich aber auch jeden Gullideckel mitgehen lassen. Vom Asphalt (wir glauben zumindest, dass die Reste, die hier rumliegen und nerven, mal sowas gewesen sein müssen!?) ist nur noch rudimentär etwas übrig und die Straßenbreite reicht so für 1 ½ Autos. Heute ist Samstag und von vorn kommen Busse, Minibusse, Taxis, Pferdefuhrwerke und Trecker in Massen, denn: Heute ist Markt!!
Gleich im ersten Ort erwischt es uns voll: Bei besagtem Gegenverkehr findet der Markt links und rechts der sogenannten „Hauptstraße“ statt. Das bedeutet, dass die Straße maximal einspurig befahrbar ist, die Marktbesucher auf beiden Seiten großzügig flanieren, die Stände ihren Sonnenschutz in die Straße hinein bauen und einige Autofahrer gemütlich aus dem Auto heraus einkaufen und damit den Verkehr komplett zum Erliegen bringen. Dazu kommt das Hupkonzert der gezwungenermaßen überall stehenden Busse (und die haben Hupen!!) – wie soll man sagen? Es ist bunt, sehr, sehr bunt!
Kurz vor Fier bessert sich die Straße endlich. Wir umgehen Fier östlich und fahren ungefähr 10 Kilometer in Richtung Küste nach Apolonia, einer antiken griechischen Stadt, die wohl welchem Gott geweiht ist? Richtig! Ein Eintritt von 400 Lek pro Person ist für hiesige Verhältnisse schon recht happig. Dafür gibt es dann aber auch wenigstens nicht viel zu sehen und noch weniger zu finden, denn die Fundstellen sind schlecht markiert, die Wege kaum zu finden (wenn ein Weg da ist, dann hat er nichts mit den Fundstellen zu tun, sondern führt zu einem Restaurant, einem Acker oder einem Friedhof) und der Klopfer ist: Zuerst denken wir, wir sind plötzlich zu blöd, um den mitgelieferten Faltplan zu lesen, bis wir merken, dass er seitenverkehrt gedruckt ist! Wir vermuten, da hat jemand den Originalplan falsch gedeutet. Die Franzosen sind Partner bei den Ausgrabungen gewesen, dort heißt Westen „Ouest“ und Osten „Est“ – da kann man schon mal durcheinander kommen!? Nach langem Suchen geben wir auf, Amphitheater und Akropolis sind einfach nicht zu finden. Kaum sind wir draußen, trauen wir unseren Augen nicht: Diese Stätten liegen außerhalb der eingezäunten Anlage! Das muss man nicht erklären, nein, das muss man nicht! Obgleich wir also nicht zu viel gesehen haben, dauert es auf diese Weise trotzdem mehr als zwei Stunden, bis wir wieder unterwegs sind.
Über Fier geht es dann weiter nach Vlore. Wir fahren mitten durch die Küstenstadt und sind schwer beeindruckt: Große Boulevards und am Wasser eine Strandpromenade vom Feinsten! Nagelneu, großzügig gebaut, mit einer Unmenge von Palmen…sollten hier Nizza und Cannes Vorbild gewesen sein?
Es tut sich jedenfalls so einiges! Danach beginnt die albanische Riviera. Die Straße wird kleiner und schlängelt sich in 50 bis 100 m Höhe an den Bergen entlang, unten das türkis- bis tiefblaue Meer und kaum Verkehr – so geht es doch auch, toll! Hinter Orikum führt die Straße von der Küste weg und es geht im Flusstal des L. i Dukalit entlang langsam hinauf zum absolut atemberaubenden Llogara Pass. Bis auf 1072 m Passhöhe ist es, von Norden kommend, ein „normaler“ Pass mit Serpentinen und bewaldeter Landschaft. Hinter der Passhöhe kommt man um die Ecke und es stockt einem der Atem: Die Straße führt, an die steilen Berghänge „geklebt“ die 1000 m wieder hinunter ans Meer – und das mit dem ständigen Blick auf das glitzernde Mittelmeer – und wie gesagt: aus 1000 m Höhe! Wahnsinn, gewaltig, irre!!!
In steilen Serpentinen geht es hinunter, zum Glück haben die Albaner genügend Parkmöglichkeiten vorgesehen, denn es fällt schwer, sich bei diesem Anblick auf das Fahren zu konzentrieren! Nach weiteren 14 km und 2 km vor Himare geht es dann hinunter an den Strand und um 15 Uhr stehen wir auf dem Camping Moskato bei Kathi und Dirk.
Großes Hallo, klönen und Einlaufbier. Sylvia und Holger mussten leider schon weiter – schade! So feiern eben wir Vier das Wiedersehen bei sehr leckeren Pizzen (sagte ich das schon? Die Albaner machen eine fantastische Pizza!) und einem Tsaziki – der griechische Einfluss wird langsam spürbar, denn Himare ist eine Art griechische Enklave, aber davon im Teil 4 mehr.