Besonders? „Jein“ würden wir sagen! Die Idee nach Italien zu fahren, entstand (wie könnte es anders sein?) natürlich durch Corona. Wir hatten ein paar Videoschnipsel über den Gardasee (Bilder aus Bardolino und Lazise) gesehen, die erst ein paar Tage im Netz waren und leere Uferpromenaden zeigten, außerdem einen Dokumentarfilm über Venedig ohne Kreuzfahrer und amerikanische wie asiatische Touristenmassen und dachten uns, so eine Chance käme nicht so schnell wieder: In Ruhe ein paar Tage am (durchaus!) schönen Gardasee verbringen und nach 21 Jahren noch einmal das absolut sehenswerte Venedig tatsächlich ohne große Menschenmassen „unverhüllt“ erleben. Danach dann durch die italienische Bergwelt stromern und eventuell irgendwo noch ein paar Tage Strandleben genießen. Das war der Plan! Zum Glück waren wir misstrauisch genug, den Videos nicht unbedingt zu glauben und da man Stellplätze nicht reservieren kann, haben wir für den Anfang in Lazise und „die paar Tage“ auf einem Campingplatz reserviert.
Nun zur Realität: Bayern hat Ferien – gut war das mit der Reservierung! Ohne… keine Chance, auf einem der Campingplätze spontan einen einigermaßen erträglichen Platz zu ergattern! Corona lässt Camping ohne Ende boomen: Stell- und Campingplätze randvoll (und darüber hinaus!), die Pools und Liegeflächen an den Hotels gähnend leer.

Die „paar Tage“ waren also nicht annähernd so ruhig wie erwartet, zudem erwischte uns ein heftiges Tiefdruckgebiet mit olivengroßen Hagelkörnern (Exe trägt seither rund 50 „Narben“ auf dem Dach, der Beifahrerseite und am Hintern!), also „fliehen“ wir kurzfristig ins Landesinnere.

Gut zwanzig Kilometer vom Gardasee weg, im Süden, liegen die Doppelorte Borghetto und Vallegio sul Minzio, die gleich zwei gute Stellplätze zu bieten haben. Außerdem liegen sie nahe an den Weingütern, die wir immer gerne besuchen, um unsere Weinvorräte für den heimischen Keller aufzufüllen und nicht zu vergessen: Es gibt sehr schöne Radtouren entlang des Minzio. Borghetto ist zwar ziemlich touristisch, aber auch romantisch und idyllisch gelegen. Die ehemaligen Wassermühlen, inzwischen natürlich alles Restaurants, stehen mitten im Wasser des Minzio. Dort sitzt man dann quasi mit Aircondition (der Fluss als natürlicher Verdunster – in den USA „Swampcooler“ genannt) und bei vorzüglicher Küche – herrlich!
Vallegio hingegen trumpft mit den besten Tortellini Italiens auf – das wird jedenfalls behauptet und unser persönlicher Eindruck bestätigt das auch! Da die Bustouristen fast gänzlich fehlen, befindet man sich als Ausländer im Moment tatsächlich in der Minderheit. Beide Stellplätze sind nur an den Wochenenden stärker gefüllt, denn natürlich bleiben auch die Italiener momentan überwiegend im eigenen Land.
In Venedig ist hingegen einiges anders: Okay, die Camping- und Stellplätze sind genauso voll, wenn man jedoch vor 14 Uhr eintrifft, bekommt man eigentlich immer einen guten Platz, denn der tägliche Wechsel auf den Stellplätzen ist viel größer – nur wenige Leute verbringen schließlich einen ganzen Urlaub in Venedig! Und dann Venedig selbst: Das Schiff, das uns in weniger als 20 Minuten direkt zum Markusplatz bringt, ist fast leer. Im Gegensatz zu unserem letzten Aufenthalt (zeitlich vor fast einer Generation!) müssen wir nicht stehen, sondern können uns Sitzplätze an den Fenstern oder sogar draußen frei wählen. Am Markusplatz angekommen, zählen wir 30 Personen (in Worten: Dreißig!!), die sich auf dem Platz geradezu verlieren.

An den Türmen keine Warteschlangen, eine Masse von Gondeln dümpelt „arbeitslos“ auf dem Wasser herum, an den wenigen Gondelstationen, die überhaupt geöffnet sind, warten ein paar Gondoliere angestrengt auf Passagiere, die Restaurants sind fast leer.

Es ist tatsächlich um einiges weniger los als vor 21 Jahren – schlimm für die Menschen, die dort vom Tourismus leben, aber ein Traum für uns! Mit unserem Dreitagesticket haben wir jede Menge Zeit, das alles zu genießen und Kathrin freut sich über eine Menge interessanter Fotomotive.
Es zieht uns weiter in den Apennin. Viele Stauseen, schönes, aber zum Glück etwas kühleres Wetter in rund 1000 m Höhe und leere Stellplätze, wenn man einmal das Wochenende draußen vor lässt, denn dann fallen die italienischen Womobesitzer samt Großfamilie ein und es wird tagsüber lebhaft – die Disziplin und gegenseitige Rücksichtnahme ist allerdings auf diesen Plätzen vorbildlich, was man von deutschen „Wochenendfeierplätzen“ oft nicht gerade sagen kann! Also auch hier „Thumbs up“!
Für die eingeplanten Badetage laufen wir in Viareggio ein, das liegt nördlich von Pisa in der Toskana. Hier ist es wieder ziemlich voll, auf den Campingplätzen viele Nichtitaliener (wobei einige Plätze tatsächlich trotz des durchaus noch vorhandenen Andrangs bereits schließen!), am Strand dafür umso mehr. An den Wochenenden ist noch so viel los, dass die Strandstraßen für den Autoverkehr gesperrt werden. Aber in den Restaurants ist es eher ruhig, wenn überhaupt, dann findet Leben noch in den Bars, Cafés und Eisdielen statt.
Auf dem Rückweg an einem Sonntag denken wir uns: Was soll schon groß passieren? Die Sommerferien in Deutschland, Österreich und Italien sind vorbei, es sind keine LKW auf den Straßen, also zuckeln wir gemütlich über den Brenner zurück. Ha, ha!!! Den ersten Stau kurz vor Affi können wir noch teilweise umgehen – statt 20 stehen wir nur 8 Minuten. Der lebhafte Verkehr auf der Autobahn in Richtung Norden hätte uns stutzig machen müssen, aber wir denken naiverweise, es würde sich um den lokalen Ausflugsverkehr in die Berge handeln. Erst, als Kathrin bei einem Kontrollblick auf Google Maps feststellt, dass an der Mautstelle vor Sterzing ein Sechs-Kilometerstau angezeigt wird, werden wir stutzig. Wir haben keine Ahnung weshalb, aber letztendlich stehen wir in einem gut 21 Kilometer langen Stau – dabei haben die Italiener schon die letzten Kilometer der Standspur und alle LKW-Spuren freigegeben. Danach ist nix mehr los – weder in Austria noch in Deutschland, da wir uns in einem weiten östlichen Bogen um München herum „verdrücken“.
Eine Anmerkung noch zum Thema „Kreditkarten“: In letzter Zeit hört und liest man oft vom kontaktlosen Bezahlen mittels Karte und dass das Bargeld als Zahlungsmittel durch Corona an Bedeutung verloren hat. Vorsicht bei diesem Thema in Italien: An den Automaten wurde durchweg eine Zahlung durch Auflegen der deutschen Karten nicht akzeptiert, dabei war es egal, ob EC-Karte, Visa oder Mastercard. Also ab damit in den Kartenleserschlitz…. und da beginnt oftmals das Problem, denn die neueren Automaten erlauben nur noch das Auflegen, einen Kartenleser alter Prägung gibt es dort nicht mehr. In den Supermärkten und Geschäften klappte das Bezahlen mit Karte grundsätzlich gut, aber an Stellplätzen und vielen Automaten der Mautstationen eben nicht. Also: Für den Notfall immer genug Bargeld in unterschiedlichen Werten dabei haben! Auf alle Fälle hatten wir eine schöne Zeit – man muss also nicht unbedingt zuhause bleiben. Das gilt erst recht, weil die Italiener in allen Lebensbereichen die Masken- und Abstandspflichten sehr ernst nehmen – wenn von zu viel Lockerheit die Rede war, dann eher von Seiten der Touristen.