Nach ein paar Tagen Algarve, einem nochmaligen Essen in dem tollen Restaurant gewinnen wir die Erkenntnis, dass zum langen Wochenende um Allerheiligen nicht nur die Überwinterer, sondern nun auch noch eine Masse Spanier und Portugiesen um die Stellplätze „kämpfen“. Sie parken uns so zu, dass wir kaum noch rauskommen. Da geben wir gerne nach und machen unseren Stellplatz frei. Wir haben genug und machen uns aus dem Staub. Es geht in Castro Marin auf die Autobahn (sehr viele spanische Womos auf der Gegenspur), über die Grenze und auf der Bahn bleiben wir auch in Spanien bis zur Abfahrt 87 (Huelva Nord). Von nun an geht es auf der H 30 nördlich um Huelva herum (billiger tanken als in Portugal für 1,21 €/l!) und auf der N 442 über Mazagon zum Camping Doñana beim Torre del’Lovo. Zugegeben – ein Riesenplatz (1000 Stellplätze!), aber jetzt nur zu maximal einem Zehntel besetzt, mit eigenem Strandzugang und für 16 € inklusive Strom wirklich nicht zu teuer. Strom brauchen wir nach fünf Tagen mit nicht zu viel Sonne schon, also passt das. Außerdem: Will man nicht auf einem Parkplatz in einer ansonsten toten Ferienhaussiedlung stehen (uns deprimiert diese Atmosphäre irgendwie…ach was, da ist gar keine vorhanden!), so ist dies die dem Nationalpark Doñana nächst gelegene Stellmöglichkeit und der ist ja hier unser eigentliches Ziel.
Wir beziehen also einen sehr großzügigen und sonnigen Stellplatz, stellen die Stühle raus und trinken erstmal unseren Kaffee zu Ende, denn obgleich es schon 13 Uhr ist, sind unsere Becher noch halb voll. Grund? Wir haben beim Grenzübertritt eine Stunde verloren – von jetzt an sind wir wieder in „unserer“ Zeitzone angekommen. Nach einer Erkundungsrunde (toller Strand, im Platzrestaurant ist ordentlich was los – auch hier genießen die Spanier das lange Wochenende, Sanitäranlagen okay) hauen wir uns in die Sonne, bis auch hier wieder der blöde Seenebel zuschlägt: Schnell geht die Temperatur von schwülwarmen 26° runter auf windige 20°, dagegen hilft nur Aktivität!
Also machen wir uns mit dem Roller auf den Weg zum 24 km entfernten Nationalparkcenter in El Acebuche. Während der Fahrt versucht ein Wiedehopf sich kamikazemäßig vor unseren Roller zu werfen und macht uns so darauf aufmerksam, in der Nähe eines Nationalparks gefälligst vorsichtig zu sein. Im Center angekommen, buchen wir für Sonntagnachmittag einen vierstündigen Trip im Unimogbus (eher wäre auch nichts mehr frei gewesen!) und sehen uns die „interaktive Multimediainfoshow“ an – Entschuldigung an diejenigen, die so etwas gut finden, aber: Was für ein Blödsinn! In Saal 1 gibt es einen achtminütigen Film, der aber nicht funktioniert. In Saal 2 sind vier Monitore in unterschiedlicher Höhe angebracht, die alle den gleichen, aus stakkatoartig aneinander gereihten Filmschnipseln zeigen, das allerdings zeitversetzt. In Saal 3 zeigen mehrere Monitore die Filme thematisch sortiert (Flora, Fauna, Geographie…) und man sieht so, aus welchen Filmen die Schnipsel für Saal 2 herausgetrennt wurden. Saal 4 enthält wieder mehrere Monitore, die wieder zeitversetzt wieder Filmschnipsel zeigen – dieses Mal abwechselnd Natur und Mensch und Tradition (Pilger, Landwirtschaft) zeigend. Einige Bilder scheinen interessant, die Filmfragmente sind jedoch viel zu kurz und weitere Erklärungen gibt es nicht. Saal 5 schließlich ist richtig groß, in der Mitte hängt das Modell eines Heißluftballons mit Korb in halber Originalgröße. Unter diesem Modell, sozusagen „im Untergeschoss“, sind zwei Großmonitore liegend montiert. Die Besucher bewegen sich auf einem an der Wand umlaufenden Weg in Höhe des Ballonkorbs und schauen nach unten. Nun startet man mit einem roten Knöpfchen das interaktive Ereignis und hört als erstes das Fauchen der Gasbrenner eines Ballons. So weit, so gut – das könnte interessant werden! Wenn man hinunter auf die Monitore schaut und dort einen entsprechenden Drohnenfilm (oder vielleicht sogar einen original aus einem Ballon aufgenommenen Film) sehen würde (!), dann könnte man bei etwas Fantasie den Eindruck gewinnen, selbst mitzufliegen. Aber nein – der Film zeigt Bilder aus einem Flugzeug, also horizontal aufgenommene Sequenzen und das auch noch in miserabler Qualität. Die Kids neben uns verlieren jedenfalls nach rund 40 Sekunden das Interesse – so viel zum Thema „Multimedia“. „Interaktiv“ bedeutet in diesem Fall bestenfalls „Stromersparnis“, da die Filme nur dann laufen, wenn die Besucher sie anschalten!
Wieder zurück hat sich der Seenebel verzogen und wir können draußen beim verspäteten Einlaufbier den spanischen Großfamilientrubel genießen. Wie früher, also beim letzten Besuch der Doñana vor über 35 Jahren, veranstalten spanische Familien ein Riesentowabohu um den Aufbau ihrer „Familienburg“. Damals waren das Zelte mit Vorzelten, Schattendächern, Wind- und Sichtschutzwänden, Kochzelten, Klozelten…. Heute sind das anstelle der Zelte Wohnmobil- und Caravanbiwaks – der Rest jedoch ist gleich geblieben und der Aufbau dauert bis in die Dunkelheit. Das sieht für uns ausländische Touristen dann aus, als würden sich die Familien hier für das nächste halbe Jahr „eingraben“, aber am Ende eines Wochenendes ist plötzlich alles wieder weg!
Den nächsten Tag nutzen wir für einen ausführlichen Spaziergang an dem wirklich schönen Strand und die Planung der Route für die nächsten Tage, was nicht leicht ist, da ich ausgerechnet für Spanien einen Sch…reiseführer gekauft habe – übrigens ein echter Nachteil des Onlinebuchhandels: Die paar erlaubten Blicke auf wenige Probeseiten bringen nicht die nötige Erkenntnis, ob ein Führer für unsere Zwecke geeignet ist oder nicht und die Aktualität der Ausgabe hat in diesem Fall auch nicht geholfen. Am Sonntag fahren wir ein paar Stunden vor dem Beginn der gebuchten Tour nach El Acebuche, denn wir wollen noch die rund 7 km „Ornithologiepfad“ inspizieren. Ein durchgehender Holzweg, der an mehreren Lagunen entlang führt und mit rund zehn Beobachtungshütten versehen ist. Nach knapp 1 ½ Stunden sind wir durch: Alle, aber auch alle Lagunen sind komplett trocken (später erfahren wir, dass es hier seit letztem März nicht mehr geregnet hat!) und dementsprechend gibt es keine Vögel (außer Blauelstern und Steinschmätzern) und erst recht keine Wasservögel zu sehen.
Dann geht es los – das Highlight das Tages! Wir entern zusammen mit 21 anderen Passagieren den Unimog. Unser Fahrer stellt sich vor, studierter Biologe, wechselt übergangslos von Spanisch zu Englisch und zurück, humorvoll, „plietsch“ wie wir Norddeutschen sagen, also hellwach und engagiert – und dann noch eine echte Vierstunden-Offroadtour im Unimog, das kann ja nur gut werden! Okay, ganz so sensationell wird es dann doch nicht, aber gelohnt hat es sich auf alle Fälle. Die Tour führt durch alle unterschiedlichen Ökosysteme des Parks, also rund 30 km am Strand entlang bis zur Mündung des Guadalquivir, dann geht es am Flussufer weiter. Von hier schließt sich ein Abschnitt durch die zwei unterschiedlichen Waldtypen des Sekundärdünengebietes an (Monte Negro und Monte Bianco), bevor es hinein ins Marschland geht. Der letzte Abschnitt nach einer erneuten Durchquerung der Sekundärdünen führt mitten durch die meerseitigen Dünen – mit 60 m Höhe nicht zu verachten. Offroadtechnisch macht das Ganze richtig Spaß: Konstanter Weichsand, tiefe und tiefste Spurrillen – Exe hätte da schnell kapituliert und für uns einmal mehr der Beweis, weshalb der Unimog immer noch als Referenzgröße für das Machbare mit einem Geländefahrzeug angesehen wird.
Leider dürfen wir ja nicht ans Steuer, aber zu sehen, wie der Wagen im ersten Gang mit Untersetzung mühelos eine 60m-Düne hochklettert und der Fahrer dabei das Lenkrad loslässt, weil er uns gleichzeitig mit Hilfe seiner Hände den Geländeaufbau erklärt…das hat schon was! Allerdings reichen die 10 Kilometer Straßenanfahrt mit 70 km/h bereits, um uns klar zu machen – ein optimales Reisefahrzeug ist das nicht! Die Geräuschkulisse und der Federkomfort lassen erahnen, wie anstrengend ein „Tagesritt“ mit so einem Fahrzeug ist – das kann Exe doch bei weitem besser! Was haben wir nun auf den 85 Kilometern außer Flora und Geografie gesehen? An Wasservögeln wie schon gesagt nicht viel – am Strand eine Menge Sanderlinge und Austernfischer sowie eine kleine Auswahl an Möwenarten, das war’s auch schon. Innerhalb des Parks, also in den Waldgebieten, eine Menge sehr zutraulicher Rothirsch-, Damwild- und Wildschweinfamilien.
Im Marschland, das übrigens fast ein wenig nach afrikanischer Savanne aussieht, findet man ganze Herden von halbwilden Pferden und Rindern – übrigens die Vorfahren der amerikanischen Mustangs und Longhornrinder!
Der romantische Höhepunkt wird uns schließlich am Ende der Tour geboten, wenn sich der Unimog absolut zeitgenau exakt in dem Moment über die letzte Dünenkuppe schiebt und den Blick auf das Meer freigibt, wenn die Sonne gerade glutrot am Horizont im Meer versinkt – Costa del Luz vom Feinsten! Das hat er richtig gut gemacht!! Gegen 19.30 Uhr sind wir im Dunkeln wieder zurück – zum Glück gibt es ein geöffnetes Campingplatzrestaurant, so dass wir nichts weiter tun müssen. Es gibt für Kathrin Coquinas, kleine Muscheln in Knoblauch-Buttersoße, für mich ein Schweinesteak mit Spiegelei und für uns beide zum ersten Mal seit über vier Wochen Pommes satt – die frische, kalte Cervesa muss nicht extra erwähnt werden.
Nun geht es am Parkeingang vorbei nach El Rocia, dem zweiten Besucherzentrum des Parks. Das lassen wir allerdings links liegen, denn einerseits sind die Zentren am Montag geschlossen, andererseits konnten wir schon von der Straße aus sehen, dass auch hier die Lagunen komplett trocken liegen und somit auch nicht mit mehr Ornithologenglück zu rechnen ist. Also geht es weiter nach Norden – immer auf der N 435 und durch zwei Sierras hindurch nach Jerez de los Caballeros. Das soll ein nettes Städtchen sein und einen neuen Stellplatz soll es hier auch geben. Den erreichen wir gegen 15 Uhr und sind wieder einmal geschockt – naiverweise haben wir den Infos, die überall verbreitet werden, zu viel Glauben geschenkt. Dort wird nämlich konstant behauptet, das Überwintererchaos findet nur an der Küste statt, „ein paar Kilometer landeinwärts“ ist alles anders, friedlich und idyllisch! Denkste! Der Platz ist nicht nur voll, er ist übervoll, denn zwei Kastenwagen stehen schon zwischen Mauer und Entsorgung und augenscheinlich sind das keine Kurzzeitbesucher der Stadt, sondern hier handelt es sich um die Rubrik „Dauercamper“ – schade! Also lassen wir die Besichtigung aus und begeben uns eine Dreiviertelstunde oder 70 Kilometer weiter nach Norden in die Stadt Zafra. Hier hat die Stadt freundlicherweise einen kostenlosen Stellplatz am Viehmarkt (Messegelände) und in absoluter Altstadtnähe eingerichtet – prima! Leider haben die Verantwortlichen scheinbar selbst kein Wohnmobil, denn sonst hätten sie den „leichten Mangel“ der Stellplatzwahl schnell erkannt: Der Platz liegt an einem Kreisel, der die drei Hauptverkehrsstraßen der Stadt miteinander verbindet! Kathrin und Ekki glauben den Kommentaren bei Park-4-Night, die überwiegend davon berichten, dass nachts der Verkehr und die damit verbundene Lautstärke erträglich sei. Außer uns stehen hier schon fünf Mobile – im Verlauf des Abends kommen noch weitere hinzu. Also sehen wir uns die interessante und hübsche Altstadt an.

Danach haben wir richtig Durst, genießen unser Einlaufbier und dann warten wir auf die eintretende Verkehrsberuhigung, die allerdings nicht kommt. Nun ist es zu spät, denn mit Alkohol im Blut setzen wir uns nicht ans Steuer. Nun ja – kurz gesagt, es wird eine unruhige Nacht, obwohl wir zugeben müssen, dass es zwischen Mitternacht und 4 Uhr morgens tatsächlich leiser wird.
Reichlich früh (weshalb wohl?) stehen wir auf, frühstücken und nutzen anschließend noch die Entsorgung, denn beim Rausfahren fährt man quasi drüber. Während wir warten, dass Exe zu Ende „pieschert“, kommen wir mit zwei netten Franzosen ins Gespräch (einer davon ehemaliger LKW-Fahrer mit häufigen Touren nach Hamburg und Lübeck – selten, dass ein Franzose den Kreis Ostholstein kennt!) und dabei ergibt sich vielleicht ein Grund, weshalb die Stelllätze hier in der Gegend so gut gefüllt sind: Die Autobahn ist nahe und natürlich werden Übernachtungsmöglichkeiten gesucht – als notorische Autobahnnichtnutzer haben wir das gar nicht bedacht! Heute jedoch nutzen auch wir die Schnellstraße A 66 bis zur Abfahrt 636, wechseln auf die EX 105 und fahren nach Alange zum großen und ruhigen Stellplatz am Ortsrand und Stausee. Kurz nach dem Überfahren der Stauseemauer sehen wir drei (!) Steinadler, die in der Thermik am Hang entlang gleiten – das fängt doch schon einmal sehr gut an! Der Stellplatz selbst ist groß, eben, liegt neben den örtlichen Sportanlagen mit Blick auf den Stausee. Im Rücken befindet sich, wer darauf Lust hat, die römische Therme, in der noch heute „gekurt“ und gebadet wird. Nett und ruhig ist es hier. Also Hängerklappe auf, Roller rausfahren und 20 Minuten und 24 km später befinden wir uns im Stadtzentrum von Merida, dem „Rom Spaniens“. Wie immer sind solche Vergleiche meistens übertrieben, aber staunen tun wir denn doch, was es hier alles zu sehen gibt. Zuerst möchte Kathrin eigentlich nur Fotos der alten römischen Brücke über den Rio Guardiana schießen.
Dabei landen wir aber automatisch an der alten Festung Alcazaba mit römischem, maurischem und schließlich christlichem Background. An der Kasse kann man günstig (als Rentner über 65 sogar sehr günstig zum halben Preis!) ein Kombiticket erwerben, mit dem man fünf weitere Sehenswürdigkeiten besuchen kann. Merida wurde einst vom römischen Kaiser Augustus für seine Veteranen errichtet. Deshalb brauchte man für die altgedienten Recken eine Menge Zerstreuung. So können wir heute die sehr gut erhaltenen Überreste des Amphitheaters, des klassischen Theaters (sensationell gut!), des Circo Romano (Pferderennbahn), einer alten, selbst für römische Verhältnisse großzügigen Villa (Casa Mitreo) mit einem tollen Mosaikboden und schließlich noch einen in Restaurierung befindlichen Abschnitt der alten Silberstraße besuchen.


Nach 4 ½ Stunden sind wir erschöpft mit der Besichtigung durch und der Meinung, dass sich der Aufwand wirklich gelohnt hat. Ach ja, ganz nebenbei haben wir auch das moderne Merida kennengelernt – ein sehr lebendiges, quirliges Städtchen.
Den nächsten Tag bleiben wir in Alange – es ist einfach zu nett hier! – und erkunden den Ort, die Therme und den Strandbereich des Stausees zu unseren Füßen.

Der „Aufreger des Tages“ ist allerdings nur zu hören, nicht zu sehen: Kraniche! Endlich! Und nicht nur wenige, sondern man hört ganz deutlich, dass irgendwo auf der anderen Seite des Sees, wahrscheinlich in einer versteckten Bucht oder auf einem nicht einsehbaren, abgeernteten Feld, eine größere Gruppe dieser schönen und stolzen Vögel zugange ist. Wir schauen uns die Augen durch die Ferngläser wund – schließlich haben wir schon etliche Versuche unternommen, wenigstens ein paar der Tiere zu Gesicht zu bekommen, aber irgendwas war immer: Entweder waren wir zu früh, zu spät oder die bevorzugten Rastplätze waren zu trocken und die Kraniche ziehen es vor, nur auf dem Rückweg vorbeizuschauen. Schließlich sehen wir sie tatsächlich erst am nächsten Morgen, wenn auch nur aus der Ferne, über den nördlichen Bergen in der Thermik aufsteigen.
Es geht auf der EX 105 nach Don Benito, dann auf der EX 106 nach Miajdos und auf der A 5 nach Trujillo. Nicht sehr interessant, die Strecke – mit zwei Ausnahmen: Zum einen verändert sich die Landschaft langsam, es wird grüner und das liegt daran, dass hier die Flüsse auch tatsächlich Wasser führen und nicht unnütz als trockene Arroyos in der Gegend herumliegen. Zum anderen überfliegt uns eine Gruppe von fünf Kranichen in nicht allzu großer Höhe von Ost nach West – irgendwie ist scheinbar der Bann gebrochen und man zeigt sich. Für ein Foto reicht es allerdings noch lange nicht. Also geht es auf die EX 208 und auf gut ausgebauter, aber bergiger Strecke zuerst durchs Biosphärenreservat und dann schließlich mitten hinein in den „Parque National Monfragüe“. Der besteht aus zwei parallel verlaufenden Bergketten, zwischen denen die gestauten Flüsse Tajo und Tiétar liegen. Die Straße führt an einem Kastell vorbei hinunter in eine Art Canyon und dann steht man nach einigen Fotohalts, ohne dass man es weiß (denn das Infocenter kommt erst später!), an einer der Hauptattraktionen des Parks, einem Felsdurchbruch des Tajo mit dem malerischen Namen „Salto del Gitano“. Hier leben, wie wir jetzt wissen, über 80 Gänsegeier- und 25 Mönchsgeierpaare. Entsprechend bleiben wir gleich eine halbe Stunde hängen, denn es ist einfach faszinierend, mehr als 30 Geiern beim Segeln, Starten, Landen oder einfach beim Sonnen, Nichtstun und Dösen zuzuschauen.


Natürlich hat Kathrin alle Hände voll zu tun: Objektive hin- und herwechseln, beste Position suchen und finden und dann natürlich auch noch fotografieren! Mitten im Park liegt die einzige Ortschaft und gleichzeitig das Infozentrum des Parks: Villareal de San Carlo. Hier informieren wir uns, dann geht es weiter am Campingplatz vorbei (einzige Übernachtungsmöglichkeit, sonst zwischen 22 und 6 Uhr überall nur zwei Stunden Stehen erlaubt!) nach Plasencia zum Einkauf. Hier gibt es einen Lidl mit eigener Tiefgarage (zum Glück aber auch mit Außenparkplätzen), der so neu und groß ist, dass er uns eher an einen Ikea erinnert als an einen Discounter. Dann geht es zurück zum Campingplatz. Hier kann man für nicht zu teure 35 € eine geführte Allradtour (weshalb „Allrad“ wird allerdings nicht klar, denn die Strecke verläuft nur auf den erlaubten Asphaltstraßen des Parks – vielleicht, weil ein paar Mal neben der Straße geparkt wird?) buchen, was wir für den nächsten Tag auch tun. In den 3 ½ Stunden sieht man mit Hilfe eines kompetenten (und sehr netten!) Guides, der diese Touren seit 12 Jahren macht und entsprechend erfahren ist, viel mehr, als wenn man ohne tiefere Kenntnisse der Geo- und Biologie des Parks auf eigene Faust loszieht. Wir sehen jedenfalls nicht nur viel – wir lernen auch eine Menge über die Geschichte des Parks, seine Geografie, das hiesige Klima oder die durch den Menschen verursachten Veränderungen. Das alles lediglich zu Viert und mit viel Zeit für Fotos und Fragen, passt!
Morgens tanken wir frisches Bergwasser, dann beginnt der erste „Sierratag“: Zuerst fahren wir östlich am Nationalpark entlang durch die Sierra de Serrejón und die Sierra Miravete. Dann wenden wir uns nach Westen und entlang der Sierra de Rocastano, wo wir auch gleich wieder auf den ersten Pulk Geier stoßen. Über Deleitosa und Retamosa geht es dann zwischen der Sierra de laVilluerca und der Sierra de Ortijuera hindurch und über den Pass Puerto de Berzocana nach Cañamero. Auf der EX 102 geht es über den nächsten Pass „Puerto Llano“ und an Guadelupe vorbei. Kleine Story: Das ist ein Pilgerort – ein Hirte (wer sonst?) hat hier nach einer Erscheinung, die ihn anwies, die Statue einer „schwarzen Madonna“ ausgegraben, die seit 500 Jahren verschollen war, nachdem sie vor den heranrückenden Mauren vergraben worden war. Vor nicht allzu langer Zeit sollte sie gereinigt werden. Das hat man dann schnell nachgelassen, als man feststellte, dass die Madonna in Wirklichkeit weiß ist – die Schwärze ihres „Teints“ war nur Ruß und Schmutz! Kurz darauf passieren wir die nächste größere Geierpopulation, bevor es auf wunderschöner Strecke über die Sierra de la Mimbrera und einen weiteren Pass (San Vincente) zur Sierra de Altamira geht. Nun sind wir in der Provinz Toledo, es wird auf 500 m Höhe flach und landwirtschaftlich. Schließlich landen wir auf dem Stellplatz von San Bartolomé. Eine schöne Entsorgung, daneben ein Schild, das das Stehen für zwei Tage erlaubt – nur wo, das sagt das Schild nicht. Es gibt nur ausgewiesene PKW-Plätze und die liegen auch noch direkt vor Einfamilienhäusern – denen will man doch nicht das Haus vedunkeln!? Soll man direkt auf der Entsorgung stehen – auch nicht gerade sozial! Wir stellen uns gegenüber parallel an den Straßenrand – der Platz reicht und ruhig ist die Nacht. Die dörflichen Enduro- und Quadfahrer treffen sich erst am Sonntagmorgen am gegenüber liegenden Bushäuschen, da sind wir schon beim Frühstück.
Heute geht es südlich an Toledo vorbei – über Cuerva und Orgaz (wir sind auf der „Kranichroute“ – 100 Vögel fliegen uns entgegen) geht es über Los Yébenes (wieder 100 Kraniche!) nach Consuegra. Wir kurven durch den kleinen Ort und über kleine Gassen hinauf zum Plateau des Kastells und den 11 Windmühlen, die sich dort aufreihen. Es gibt unterhalb einen großzügigen Rastplatz (wieder ein Pulk Kraniche über uns!), dort parken wir. PKW und kleine Camper können auch direkt hochfahren. Wir verzichten darauf – endlich wieder einmal hoch zu einem Kastell laufen, das hat uns richtig gefehlt! Dabei sind wir gar nicht wegen des Kastells hier, sondern wegen der Mühlen.

Laut unseres dämlichen Reiseführers sind das genau die Mühlen, gegen die Cervantes‘ Don Quijote gekämpft hat. Stimmt gar nicht, erzählen uns die Spanier – aber nicht zu laut, denn hier sind viel mehr Touristen als bei den Mühlen, die Cervantes tatsächlich als Inspiration dienten und die wir natürlich dann einen Tag später auch besuchen müssen. Jedenfalls ist hier tatsächlich touristisch einiges los und das trotz des Wetters, denn es weht ein kräftiger und kalter Wind – man versteht sofort, weshalb die Mühlen hier oben gebaut wurden! Gut 40 Fotos später sind wir wieder am Auto und wärmen uns erstmal auf. Dann geht es rund 20 km nach Süden. Unser Ziel ist der nette Stellplatz von Puerto Lápice, auf dem noch weitere fünf spanische Mobile stehen: Der Ort ist für seine gute Küche bekannt, es ist Sonntag und bevor es wieder nach Hause geht, wird vorher noch gut gegessen. Außerdem gibt es hier noch eine Sehenswürdigkeit zu bestaunen: Wir sind in La Mancha, Don Quijote ist überall und hier steht die Gastwirtschft, in der der Ritter von der traurigen Gestalt vom Wirt zum Ritter geschlagen worden sein soll. Wir müssen auf Keile. Apropos: Kennt ihr das? Bei asphaltiertem oder schlimmer noch betoniertem Boden rutschen gerne die Keile weg, die unter den nicht angetriebenen Rädern liegen. Dagegen hilft (schon in Georgien festgestellt, aber längst wieder vergessen!) „Allrad einschalten“ und schon stellt sich Exe brav und ohne Mucks auf die Klötze. Gegen 18 Uhr bricht Spanien auf – nicht ohne vorher locker das Abwasser auf dem ganzen Platz zu verteilen und das, obwohl gleich in der Ecke eine vorbildliche Entsorgung steht.
Am nächsten Tag geht es auf die N 420, der wir übrigens bis fast an die Küste treu bleiben, und nach Alcázar de San Juan – zuerst zum Einkaufen und Tanken, dann zum Parken auf den von der Stadt angebotenen Stellplatz, der aber leider von PKW fast komplett zugeparkt ist – heute ist Wochenmarkt gleich gegenüber! Wir finden noch ein Plätzchen und laufen in die Innenstadt. Unser Altreiseführer von 2000 meint, der Marktplatz wäre wunderschön, den dürfe man nicht verpassen. Nun ja, da sieht man, was in knapp 20 Jahren so alles passiert, denn die dort beschriebenen Laubengänge sind größtenteils durch eine bombastische Einfahrt zu einer Tiefgarage ersetzt worden.

Ein paar Kilometer weiter liegt Campo de Criptan und auf dessen Höhen stehen also nun die „echten“ Windmühlen des Don Quijote. Hier war man scheinbar marketingtechnisch nicht so auf der Höhe wie die Konkurrenz in Consuegra, denn wir stehen alleine auf dem Parkplatz. Halt – stimmt nicht ganz: Außer uns ist noch ein chinesisches Fotografenteam mit einem Model hier – man macht Modeaufnahmen mit den Mühlen im Hintergrund. Das superdünne Mädchen friert in dem kalten Wind hier oben ganz erbärmlich und wird in jeder Fotagrafierpause sofort in warme Decken gehüllt und in den geheizten Mercedes Viano verbracht – tja, da fehlt eben jede Isolierschicht! Kathrin macht wieder viele Fotos von den sechs Mühlen, die hier noch stehen. Dabei überfliegen uns erneut eine Menge Kraniche – zwei Hunderter-Pulks und ein Sechziger! Weiter geht es über Mota und Belmonte zum Stellplatz an der Burg von Castillo de Garaimuñoz. Alle sechs Stellflächen sind frei, allerdings sind die so eng, dass wir es einem französischen Kastenwagen mit Hänger gleich tun und uns dahinter auf die große und ebene Parkplatzfläche stellen. Die befindet sich direkt daneben und bis zum nächsten Tag haben wir die auch für uns alleine. Einziger Nachteil dieses ruhigen Platzes mit Superaussicht: Es „duftet“ intensiv nach Landwirtschaft, aber das macht uns Dörflern ja nichts aus.
Wir bleiben auf der N 420 und fahren über San Lorenzo und Cuerca (auf den Besuch der drei sogenannten „hängenden Häuser“ verzichten wir – für ein paar Fotos einmal durch die ganze Stadt, ansonsten gibt es dort nicht viel zu sehen) mitten hinein in eine schöne Canyonlandschaft inklusive Gänsegeierkolonie. Über Cañete (Pass auf der Strecke mit 1150 m Höhe und 2 Grad Celsius!) geht es für einige Zeit auf die ebenfalls gebirgige und schöne N 330, aber plötzlich sind seit Tagen wieder ständig Wohnmobile auf der Gegenspur unterwegs – wahrscheinlich irgendeine mautfreie Abkürzung in den gelobten Süden des Landes. Mittags erreichen wir den inoffiziellen, direkt an der Guardia Civil gelegenen (und somit ganz klar auch von ihr tolerierten) Stellplatz von Teruel und bekommen wieder einmal einen Realitätsschock, denn die gewohnheitsmäßig besetzten Stellflächen sind bereits jetzt komplett belegt. Alle anderen Flächen sind von PKW zugeparkt. So eine Konkurrenzsituation ist auf Dauer gar nicht gut, vor allem, weil es viele Anlieger sind, die den Platz benutzen. Da ist böses Blut vorprogrammiert! Aus Mangel an Alternativen warten wir, bis ein PKW wegfährt und stellen uns erst einmal dort hin. Die nächsten 1 ½ Stunden sind wir in der Stadt, vor allem wegen der 1986 zum Weltkulturerbe erklärten Mudéjar-Architektur. Drei Türme und die Kathedrale Santa Maria gehören dazu – maurische Ornamentik und Keramik selbst an Kirchen – alles Arbeiten islamischer Baumeister im Auftrag christlicher Bauherren, geht doch!? Zurück auf dem Parkplatz hat sich am Rand eine Lücke aufgetan und wir parken Exe mit Hänger rückwärts dort ein – so stehen wir den PKW nicht im Weg und haben auf einer Seite sogar Rasen! Abends zählen wir 16 Wohnmobile und die PKW müssen sich einen Platz irgendwo in der Mitte suchen – da braucht die Bevölkerung schon eine Menge Toleranz!

Am Morgen geht es an einer stinkenden Mülldeponie vorbei, über der mehr als einhundert Gänsegeier kreisen – ja, ja, die Geier warten schon! Von den 1000 m, auf denen Teruel liegt, geht es heute noch um einiges höher. Die Puerto de Cabigorlo liegt auf 1500 m, die Puerto del Curato Pelado sogar auf 1600 m.


Dann geht es nach Norden über Castellote und Mas de los Matas zur N 232, auf die wir bei Alcañiz stoßen. Bis hierher hat die Tour einige Zeit gekostet, dafür war die Strecke aber auch durchgängig schön, auch wenn alles über 1500 m in den Wolken lag und uns sicher einige schöne Aussichten verloren gegangen sind. Nun wird die Strecke schneller, die gute alte N 420 bringt uns über Calaceite nach Mora. Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung nach Hospitalet und wenige Kilometer später stehen wir auf dem Campingplatz „Playa y Fiesta“ am Mittelmeer in der Nähe von Cambrils. Wäsche waschen und ein paar Tage Pause sind angesagt, bevor es mit einem Abstecher nach Figueres (Dalimuseum) nach Frankreich und zügig weiter nach Hause geht. Die drei Monate sind um – wenn wir wieder daheim sind, gibt es wie immer noch ein letztes Fazit dieser Tour, dann wollen wir zum ersten Mal als Rentner Weihnachten zu Hause verbringen und zwar ohne den bei uns bisher beruflich verursachten Stress. Wir sind gespannt!!!