Wir sind in Spanien und merken plötzlich, dass wir uns doch ein wenig „verspielt“ haben: Bei unserer neunmonatigen Langzeittour hatten wir uns daran gewöhnt, Zeit zu haben – viel Zeit! – und nun merken wir, dass drei Monate doch deutlich weniger sind. Wenn wir einmal um Westeuropa wollen, dann müssen wir wohl oder übel ein wenig „straffen“. Das macht eigentlich auch nichts, denn so weit ist es ja nicht innerhalb Europas und wir haben ja hoffentlich noch ein paar Jahre vor uns, um ausgelassene oder fehlende Ecken nachzuholen. Aber wir müssen uns überlegen, wo wir uns dieses Mal ein wenig beeilen bzw. was wir auf „später einmal!“ verschieben wollen. Es trifft Nordspanien, weil wir hier von allen bereisten oder noch zu bereisenden Gebieten zuletzt waren, selbst wenn das auch schon wieder 15 Jahre her ist. Also machen wir heute Strecke und verlassen die Küste, um nach Südwesten und in Richtung Nordportugal zu fahren. Es geht über Bilbao und Balmaseda nach Villarcayo. Kurz vor Cernégula müssen wir einmal wieder in die Bremse steigen, als ein Trupp von rund 15 Gänsegeiern direkt vor uns auf und neben der Straße landet – das hatten wir doch bereits im Frühjahr in Südfrankreich! Warten die auf uns? Warnblinker an, Fotos machen und dabei entdecken, dass zum Glück nicht wir das Ziel der Geier sind, sondern das tote Reh, das im Straßengraben liegt und zuerst für uns nicht zu sehen war.
Das Bild der Geier passt aber auch zur Landschaft, denn wir fahren durch trockenes und „langweiliges“ Hochland. Weiter geht es auf kleinen Straßen über Villadiego nach Melgar. Dann folgen wir der N 120 und der A 231 bis Sahagum. Schließlich landen wir auf dem Stellplatz von Valencia de Don Juan direkt neben der Vorschule – nicht schön der Platz, aber am Ortsrand gelegen und vor allem mit einer Entsorgung, für eine Nacht okay. Es ist warm hier – nach dem Duschen sind Handtücher und Bad blitzschnell wieder trocken. Nach einem Spontaneinkauf im örtlichen Supermarkt (da ich ja auf Cognac verzichtet habe: Ein Liter Veterano Brandy kostet hier gerade einmal 8,70 €!) gibt es bei uns Hähnchen in Green Curry – unsere Zeit in Asien schlägt auch ab und zu noch durch! – und danach lauschen wir dem genialen Sender „Rock FM“. Endlich wieder einmal gute Musik!
Am nächsten Tag geht es über Benavente (Tankstopp für 1,21 €/l – in Portugal ist der Diesel wieder erheblich teurer!) und die N 525/A 52 nach Bande und auf der gut ausgebauten N 540 hinein nach Portugal. Wir gewinnen ganz nebenbei eine Stunde, denn wir sind nun so weit westlich, dass selbst der Wille zu einer einheitlichen MEZ einfach keinen Sinn mehr macht. Der erste Halt ist in Lindoso. Hier fahren wir hinauf zum Kastell. Das ist aber nicht unser eigentliches Ziel, sondern es sind die daneben liegenden historischen Maisspeicher aus Stein, die zum Teil noch heute in Benutzung sind.
Von hier aus geht es ein paar Kilometer am Fluss entlang, dann biegen wir nach rechts auf eine kleine, fast einspurige Straße ab. Kurz darauf wird der Asphalt von Basaltpflaster abgelöst, es geht über eine alte, einspurige Steinbrücke und dann in Serpentinen steil hinauf in das kleine Bergdorf Soajo. Hier gibt es einen ebenen (!) Stellplatz mit Klo sowie kostenloser Ver- und Entsorgung – toll! – neben einem kleinen Plateau mit weiteren Maisspeichern. Erneuter Fototermin und nach einem etwas ausführlicheren Smalltalk mit unseren einzigen Nachbarn (aus den Niederlanden) gibt es heute panierten Seehecht. Eine Stunde länger wach zu bleiben fällt uns richtig schwer, aber eine „halbe Zeitanpassung“ schaffen wir immerhin!
Die Nacht war sehr ruhig, nur die extrem gründliche Platzbeleuchtung hat uns ein wenig gestört – andere fühlen sich dann ja erst so richtig sicher, uns geht so etwas nur auf den Geist – als wenn eventuelle Gangster keine Taschenlampen kennen würden! Wir füllen den Tank mit frischem Bergwasser, fahren über die gleiche kleine Straße zurück zur N 103 und machen uns mit fast durchgehender Geschwindigkeitsbegrenzung (50 km/h) auf den 60 km langen Weg zur Küste und nach Viana do Castelo – die Gegend ist hier wirklich eng besiedelt! Da wieder einmal Wäsche waschen angesagt ist und das Wetter außerdem die nächsten Tage phantastisch sein soll, begeben wir uns auf den Camping Orbitur, direkt hinter den Dünen gelegen – und mit eigenem Strandzugang! Die Anlage ist gepflegt, viel los ist nicht mehr – außer uns sind eigentlich nur noch Surfer (außer ein paar anderen Rentnern) auf dem Platz und für die ist „die Welle“ hier auch optimal.

Unsere jungen holländischen Nachbarn schwärmen: Hier kann man altmodisch surfen oder SUP, Wind- und Kitesurfen betreiben – das volle Programm eben – außerdem gibt es ein gutes und preiswertes Restaurant (natürlich von einem Surflehrer betrieben) in nächster Nähe. Platzrundgang und Erkundung von Strand und näherer Umgebung, dann werfen wir uns in die Sonne und machen uns „suchtmäßig“ über die von Kaddi und Axel als Wegzehrung mitgegebenen und bisher gut gehüteten Haferkekse her.
Nach Wäsche und kleineren Büro- und Blogtätigkeiten satteln wir die Räder und stürzen uns in den „Großstadtverkehr“ von Viana do Castelo. Ich bezeichne das mal so, denn Radwege gibt es nur draußen um den Campingplatz und die Ferienanlagen herum, ab der Brücke über den Fluss Lima und in die Stadt hinein hingegen ist Straßenfahren angesagt.

Nix Radfahrweg, nix gemütlich radeln – hier wird Gas gegeben und der Verkehr ist auch nicht ohne! Nicht, dass es gefährlich wäre (obgleich man hier vom „Abstand halten“ nicht wirklich sprechen kann – eher von „Tuchfühlung“), aber man muss sich schon konzentrieren und so etwas wie abgesenkte Bürgersteigkanten kennt man auch nicht – ist sicher mit einem Rollstuhl nicht einfach! Wir parken die Räder am Rand der Altstadt und erkunden diese lieber zu Fuß. Dabei geraten wir zufällig in eine feierliche Zeremonie der GNR (Guardia National Repulicana), der Sicherheitspolizei Portugals, mit Musik, großen Ansprachen und einer Reihe von Gardepolizisten in alter Uniform mit Pickelhauben – da wir nichts verstehen und nicht herausfinden können, worum es überhaupt geht, betrachten wir das Ganze einfach als Touristenattraktion (es gibt auch eine Menge anderer Fotografen!) und genießen das bunte Treiben. Wieder heil zurück, werfen wir seit langem wieder einmal den Grill an, denn die eingekauften Steaks und Bratwürste frieren – und schließlich haben wir ein paar Tage „Urlaub“!
Am nächsten Tag machen wir einen etwas ausführlicheren Strandspaziergang und fahren anschließend mit den Rädern entlang des schönen Bretterweges, der am Campingplatz vorbeiführt, gen Süden. Nach maximal zwei Kilometern ist der leider zu Ende, einen knappen Kilometer geht es noch durch Pinienwald, dann endet der schöne Weg endgültig an einer Straße. Die älteren und kleineren Straßen Nordportugals (weiter sind wir ja noch nicht) sind grundsätzlich gepflastert – wenn man Glück hat mit Basalt, sonst auch gerne mit grobem Katzenkopf. Man kann sich vorstellen, wie „gemütlich“ das auf dem Fahrrad ist. Wir zittern uns also weiter und wundern uns über die etwas – ähh – aufgetakelten Frauen am einsamen Straßenrand und können es kaum glauben: Nur ein paar Kilometer vom Touristenzentrum entfernt befindet sich ein echter Straßenstrich! Irgendwann ist es mit der „Zitterpartie“ zu Ende und wir landen auf der Küstenstraße – allerdings nur ein paar hundert Meter weit, dann ist die wegen einer Baustelle gesperrt und eine Umleitung ist nicht ausgeschildert. Ist ja kein Problem, wir haben ja die eigentlich ganz gute „Fahrradnaviapp“ Komoot – ha, ha! Das Navi leitet uns ins nächste Dorf und dann soll von dort ein Weg wieder zurück zur Straße führen. Nach ein paar Metern wird daraus ein Feldweg, dann ein Wanderweg und dann stehen wir mitten in einem Sinti- und Romalager und suchen uns einen Weg zwischen den Hütten hindurch zurück zur Straße. Auch wenn die dortige Männerwelt sehr enthusiastisch auf Kathrin reagiert („Hey, Baby, come back, we love you!“) ist meine Frau doch eher wenig von der ihr entgegen brandenden Zuneigung erfreut! Weiter geht es an den Strand von Amorosa, einer reinen Ferienhaussiedlung. Der Rückweg zur Küstenstraße gestaltet sich wieder auf einigen Kilometern wegen der Pflasterung zur Zitterpartie, deshalb biegen wir vorzeitig auf einen gut ausgebauten Weg ab. Zuerst eine gute Wahl, aber dann wird es richtig dörflich und Komoots Empfehlungen enden entweder in Sackgassen, vor Hofeinfahrten oder die empfohlenen Wege gibt es einfach gar nicht. Auf alle Fälle aber immer grobes Kopfsteinpflaster, so viel ist sicher! Plötzlich landen wir auf einem tollen Radweg entlang der Küste mit Blick auf den Strand – sollte das die Belohnung sein? Nein, natürlich nicht, denn der Weg hört irgendwann einfach auf, wir müssen wieder einmal schieben und tragen und suchen…irgendwann landen wir dann in einem Dorf südlich von Castelo do Neiva und kämpfen uns zu einer wieder nach Norden führenden Asphaltstraße (!) zurück. Es geht ordentlich bergauf (zum Glück haben wir ja E-Bikes) und bei kräftigem Verkehr (denn diese Straße ist die Umleitungsstrecke, die man uns ja nicht zeigen wollte!) geht es wieder zurück. Zum Schluss noch einmal am Straßenstrich vorbei (die Damen haben eine Menge Kunden, es gibt sogar eine Warteschlange!) und dann sind wir nach gut 30 Kilometern wieder am Auto und haben etwas zu erzählen.
Wenn ein Restaurant fast durchgehend geöffnet hat, dann müssen wir als „Frühesser“ das ausnutzen, also sitzen wir erwartungsfroh um 18.30 Uhr in der „Aquario Bar“. Bestellen können wir dann doch erst um 18.50 Uhr, aber das ist immer noch besser als um 21 Uhr wie in Spanien. Der Abend gestaltet sich sehr angenehm. Die Weine (Kathrin hat Vinho Verde, ich einen Rotwein vom Douro) sind sehr gut, das Essen auch: Robelo Grillhada (Seebrasse) mit Ofenkartoffeln und Salat, Francesinha mit Pommes Frites (eine portugiesische Spezialität aus geschichtetem Toast, Rinderhack, Käse, Schinken und Spiegelei mit einer tomatigen Sauce) – beides sehr gut. Bei Francesinha muss man nur aufpassen, dass wirklich regionale Zutaten benutzt werden, sonst schmeckt es eher nach Mc Donalds! Unsere holländischen Surfernachbarn tauchen schließlich auch noch auf und so ist der Abend sehr unterhaltsam.
Nun geht es weiter über die N 103 über Barcelos und Braga auf die N 101, die uns nach Guimaraes führt – UNESCO Weltkulturerbe und Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2012. Das Navi zirkelt uns durch die Altstadt und so stehen wir am frühen Nachmittag auf dem großen Stellplatz an der Seilbahn, nur wenige Minuten Fußmarsch von der sehenswerten Innenstadt entfernt. Bereits zehn Minuten später sind wir unterwegs und für die nächsten 1 ½ Stunden gut beschäftigt.


Wieder zurück, planen wir die nächsten Tage. Da uns nun morgen und übermorgen (!) eine ausgiebige Regenfront überquert, sehen wir nicht viel Sinn darin, morgen weiterzufahren, denn viel sehen oder wandern werden wir dann nicht. Also sitzen wir den Regen hier aus und „arbeiten“ am Blog und den Fotos. Kathrin hat endlich Zeit, mit dem Stricken, der für Kaddi versprochenen Fingerlinge zu beginnen und zu einer gemütlichen Mittagsstunde kommen wir endlich auch wieder einmal.
Trotz Regen (laut Wetterapp soll der gegen Mittag aufhören!) fahren wir am nächsten Tag auf der N 101 weiter nach Südosten und hinein in die Berge. Bis Amarante fährt man quasi nur durch Ortschaften und mit dauerhaft 50 km/h – eng besiedelt ist das alles hier! Nun wird die N 101 kleiner, enger und kurviger, aus dem Dauerregen sind kurze, wolkenbruchartige Schauer geworden. Gegen Mittag erreichen wir den Stellplatz von Peso da Régua. Es verspricht, für eine längere Zeit trocken zu bleiben. Die ausgewiesenen Stellplätze (jeder mit Strom, Frisch- und Abwasser!) sind für uns mit Hänger zu kurz, also ungeeignet. Weiter unten gibt es jedoch in Flussnähe Längsparkplätze, auf denen das Stehen toleriert wird und die außerdem noch kostenfrei sind. Wir kuppeln den Hänger ab und sind 15 Minuten später unterwegs zu einem Abstecher nach Pinhão.
Die 28 km lange Strecke dorthin führt immer am Douro entlang, also mitten durch die besten und berühmtesten Portweinanbaugebiete – auch der meiste Wein für den spanischen Sherry kommt von hier, wie die übergroße „Zorro“ Sandeman-Figur gegenüber von Régua deutlich zeigt! Der Reiseführer beschreibt die Strecke als „für Fahrer großer Wohnmobile anstrengend“, da eng und kurvenreich, außerdem soll die Brücke in Pinhão eine „echte Prüfung“ sein – der Grund, weshalb wir sicherheitshalber den Hänger abgekuppelt haben. Der Ausflug ist nett, die Straße breit und bequem zu fahren (auch von Schwertransportern und Reisebussen!), die einspurige Brücke ist keine Prüfung, sondern es gilt schlicht: Wer zuerst kommt, fährt und der Gegenverkehr wartet. Lediglich in Pinhão zu parken ist ein Problem – das steht allerdings nicht im Reiseführer! Nach 1 ½ Stunden ist der Ausflug beendet, der Hänger angekuppelt und wir warten wieder einmal darauf, dass es aufhört zu regnen. Gegen 16 Uhr ist es soweit und wir erkunden die Stadt, die übrigens mehrmals täglich von Flusskreuzfahrern heimgesucht wird, die den Douro von Porto aus rauf und runter fahren – jetzt sind die zum Glück alle weg und wir können in Ruhe bummeln.

Die Regenfront soll nun durch sein (ha, ha!) und wir fahren über die Dourobrücke und dann auf der anderen Seite flussabwärts, also grob in Richtung Porto, auf sehr schöner, malerischer Strecke (um einiges schöner als die Ausflugsstrecke gestern!), der N 222, immer an den Weinbergen entlang. Allerdings stecken wir auch ab und zu im „Nebel“: Einerseits hängen die Wolken noch an den Hängen fest, andererseits werden überall in den Weinbergen in ziemlich großen Feuern nun nach erfolgter Ernte die Rebschnitte entsorgt. Es geht auf kurvenreicher Straße über Resende nach Cinfaes. Hier wechseln wir nach Süden auf die N 224, die ist zwar frisch renoviert, aber scheinbar nur mit einer ein Zentimeter dicken Asphaltdecke, denn sie ist furchtbar uneben und wir müssen gewaltig aufpassen, dass der Hänger nicht abhebt! Es geht nach Burgo und weiter nach Arouca, unserem heutigen Reiseziel. Hier sitzt die Verwaltung des Geoparks Arouca und eine der Hauptattraktionen des Parks ist der „Passadiços do Paiva“, den wir besuchen wollen. Es handelt sich um einen 8,5 km langen Bohlenwanderweg durch ein canyonartiges Flusstal des Paiva und soll ziemlich spektakulär sein. Um 13 Uhr parken wir auf dem letzten von drei ausgewiesenen Stellplätzen und eine ½ Stunde später bereits den Roller vor dem Verwaltungsgebäude. Ein netter, junger Mann versorgt uns mit einer Menge Informationen und Karten. Es gibt Einstiege in Espiunca und in Areinho (logisch, denn dazwischen ist der Canyon!), der Einstieg in Areinho erfolgt über „ein paar“ Treppenstufen: Es geht zuerst 1000 Stufen (in Worten: Eintausend!) bergauf. Oben ist dann das Kassenhäuschen und dann geht es auf der anderen Seite wieder 1000 Stufen hinunter in den Canyon. Der Einstieg in Espiunca ist flach, nix besonderes dort – allerdings stehen hier die Taxen, die einen wieder zurück bringen (so gut wie niemand will zweimal durch den Canyon) und die machen spätestens um 17 Uhr Feierabend. Also erhalten wir den klugen Tipp (dem wir auch folgen), nach Espiunca zu fahren, dort den Roller abzustellen und anschließend mit dem Taxi nach Areinho zu fahren und dort in den Canyon einzusteigen. Macht aus drei Gründen Sinn:
- Wir sind schon etwas spät dran und haben so alle Zeit der Welt, denn am Ende der Wanderung wartet ja der Roller auf uns
- Wir haben die anstrengenden Treppen zu Anfang und nicht erst am Ende der Wanderung
- Man geht flussabwärts
Also tuckern wir rund 18 Kilometer nach Espiunca, fahren mit einem der extrem netten und freundlichen Taxifahrer rüber nach Areinho (15 €) und sind um 14.50 Uhr unterwegs. Zuerst geht es die 1000 Stufen rauf – wir sind stolz, denn wir brauchen nur zwei kleine Pausen und überholen sogar noch zwei bedeutend jüngere Pärchen! – und dann stehen wir am Bezahlhäuschen, das sich im Moment mitten in einer Baustelle befindet: Hier wird eine gewaltige Fußgängerhängebrücke über den Canyon gebaut, man hat scheinbar viel vor! Nachdem wir 4 € pro Person bezahlt haben (im Internet die Hälfte!), geht es die komischerweise lange nicht so anstrengenden 1000 Stufen hinab in die Schlucht.
Unten angekommen verläuft der Weg mehr oder weniger eben am oder leicht über dem Fluss entlang. Schön ist es hier – die Ahs und Ohs halten sich trotzdem in Grenzen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass es nach einem Drittel der Strecke anfängt zu regnen und anders, als es die Wetterapp vorhersagt (die ist hier in Portugal sowieso verdächtig ungenau!), hört es nicht nach 10 Minuten wieder auf, sondern verstärkt sich noch. Wir haben natürlich unsere Regencapes dabei, aber so richtig genussvoll ist so eine Wanderung dann irgendwie nicht mehr.

Nach knapp 2 ½ Stunden sind wir am Roller. Sitz und Windschutz so gut es geht trocken reiben (noch sind wir nur „angefeuchtet“!), dabei gibt uns ein netter Opa auf Portugiesisch wahrscheinlich eine Menge nützlicher Tipps (das einzige, was wir verstehen ist, dass die Straße bei Regen rutschig ist!) und dann machen wir uns entsprechend vorsichtig auf den Rückweg. Leider entwickelt sich der Regen in den nächsten 30 Minuten zum Wolkenbruch und wir werden nun richtig nass. Die letzten 15 Minuten der Rückfahrt sind dann zwiespältig – die Sonne scheint und beginnt ihr Trocknungswerk, allerdings scheint sie direkt von vorn, das macht mit einem nassen Windschutz plus nassem Helmvisier nicht so viel Spaß, aber wir landen trotz Blindflugs heil wieder zu Hause. Wieder freuen wir uns über das abgetrennte Fahrerhaus von Exe: Zwei nasse Regenjacken, zwei nasse Regencapes und zwei nasse Hosen – ab damit auf Bügel, aufhängen (also „Kleinitalien“), Tür zu und weg sind die Klamotten!
Heute bleiben wir an Ort und Stelle und lassen uns Zeit, aber es gibt so Tage…: Schreck 1 ereilt uns bei der Mundhygiene. Wir benutzen seit Jahrzehnten eine Munddusche und lassen uns davon auch nicht abbringen. Ruf aus dem Bad: „Die Munddusche geht nicht!“ Die typische Fehlerausschlusssuche folgt: Schalter an dem Gerät scheint zu funktionieren. Funktioniert die Steckdose? Nein! Also Verteilerdose auf und tatsächlich findet sich ein loses Kabel. Das wird repariert, aber Strom kommt immer noch nicht an. Selbstkritische Anmerkung: Logisch aufgebaute Fehlersuche ist nix, wenn man frisch aus dem Bett kommt, denn das lose Kabel war „nur“ die Erdung! Langsam werden wir wach: Ist der Inverter überhaupt an? Ja! Haben die anderen Steckdosen Strom? Nein! Äh, hatten wir so etwas ähnliches nicht schon mal? Befindet sich der Hauptsicherungsschalter nicht im Schuhfach? Haben wir gestern nicht die Wanderstiefel dort herausgeholt? Ja! Haben wir dabei vielleicht den Schalter „berührt“? Ja!!!
Schreck 2 ereilt uns beim Auffüllen des Adbluetanks, was mit den hier in Portugal üblichen Rundkanistern ohne Schnorchel etwas umständlich ist und somit etwas länger dauert. Da hat man viel Zeit und schaut verträumt auf den Ausgleichsbehälter der Bremsflüssigkeit und stellt fest: Der ist ja leer! Haben wir bei den ganzen Bergfahrten mit Hänger die Bremsen überlastet? Hat Iglhaut beim Einbau der verstärkten Bremsanlage Mist gebaut? Um zu überprüfen, was da los ist, brauchen wir Bremsflüssigkeit. Also rollern wir in die Stadt und kaufen welche. Als ich die einfüllen will, merke ich, dass der Ausgleichsbehälter „knallvoll“ ist! Erklärung: Die Farbe der Bremsflüssigkeit entspricht exakt der Farbe des Ausgleichsbehälters (das hat Mercedes gut hinbekommen!) und Rütteln am Behälter reicht nicht, wenn es der Mechatroniker besonders gut gemeint hat und den Behälter bis zum oberen Rand gefüllt hat! Was „lehrt“ uns das? Vielleicht sollte man einfach mal den Deckel abschrauben und reingucken?
Genug der Aufregung, zurück zum Urlaub. Wir fahren mit dem Roller zum Trilobiten-Museum, das auf dem Weg zum Passadiços liegt. Aus Zeitgründen haben wir diese Sehenswürdigkeit im wahrsten Sinne des Wortes „links liegen gelassen“ und holen es heute nach. Wir sind die einzigen Besucher. An der Kasse steht einer der Entdecker und gleichzeitig der Besitzer des Museums – deshalb absolutes Fotografierverbot. Er führt uns ein wenig herum, dann gibt es einen 20-minütigen Film und schließlich dürfen wir allein an die wirklich sehenswerten Exponate: Trilobiten waren die Herrscher des Kambriums vor rund 500 Millionen Jahren. Gepanzerte Meerestiere, die zum ersten Mal einen dreigliedrigen Körperbau (Kopf, Rumpf, Schwanz) aufwiesen. Diese Tierchen waren fast immer zwischen ein paar Millimetern und maximal 10 Zentimetern lang und man findet sie als Fossilien hauptsächlich dort, wo Schiefer oder anderes Schichtgestein abgebaut wird – so auch hier. Das wussten wir noch, aber dass es hier und zwar nur hier wahre Giganten dieser Tierart gibt – bis zu 70 Zentimeter lang! – und dann noch in gewaltiger Anzahl – das wussten wir nicht! Am frühen Nachmittag sind wir zurück, erkunden noch ein wenig die Stadt, dann machen wir es uns gemütlich und lassen es für heute genug sein.